Detlef Rothe



Der Hellweg von Duisburg bis Dortmund im ersten Jahrtausend



Im Jahre 9 n. Chr. wurden von miteinander verbündeten Angehörigen mehrerer germanischer Stämme ein aus drei Legionen und zahlreichen Hilfstruppen bestehendes Heer unter Leitung des Römers Publius Quinctilius Varus in einer als »saltus Teutoburgiensis« namentlich überlieferten Gegend vernichtend geschlagen. Die darauf folgenden Strafexpeditionen unter der Leitung von Tiberius Julius Caesar Augustus (genannt Tiberius) in den Jahren 10 bis 12 n. Chr. gelten als weitgehend wirkungslos. Offenbar wurde aber damals vom Rhein aus ein neuer Limes angelegt, welcher von einer topographisch sehr günstig gewählten Position unweit eines schon länger bestehenden römischen Kastells an einem als »Asciburgium« namentlich überlieferten Ort den Nordrand des rechtsrheinischen Schiefergebirges entlang bis tief nach Germanien hinein führen sollte. Auf diese Weise sollte wohl gewissermaßen ein Keil zwischen die vorwiegend im nördlichen Flachland lebende und die im südlichen Bergland siedelnde, noch in keltischer Tradition stehenden Bevölkerung im Nordwesten Germaniens getrieben werden, also dahinein wo aus der von dem Germanenführer und römischen Bürger mit dem überlieferten Namen »Arminius« geleitete Aufstand ausging. Die Lage des als »limes Tiberii« bekannten Heerweges ist aus den Schriftquellen nicht genau zu ersehen, doch möchte ich bemerken, daß der Wald Caesia gewöhnlich mit einem Gebiet identifiziert wird, welches in der Gegend von Essen unweit der Ruhr liegt, so daß der »limes Tiberii« durchaus dem Hellweg - zumindest in dessen westlichen Verlauf - entsprochen haben kann. Auch die genaue Datierung ist nicht gesichert, weil Tiberius mehrmals mit dem Oberbefehl in Germanien betraut war. Für eine unmittelbar vorhergegangene Bauzeit spricht die Nutzung des Weges im Jahr 14 n. Chr. durch Germanicus, welcher Tiberius im genannten Amt folgte, so daß wir davon ausgehen können, daß die der Schneise benachbarten, seit fünf Jahren in einem Aufstand befindlichen Germanen den Weg zwar stellenweise sorgfältig bewachten, aber noch nicht auf normale Wegesbreite hin sperren konnten.

Die durch den Grenzkontrollweg geteilten germanischen Gruppen sollten nach meiner Auffassung durch die »limes«-Schneise von ihren Verbündeten überwacht und unter besser zu beurteilenden Gefahren sowie auf besseren Wegen angreifbar werden. Die hier von mir vertretene Auffassung zum Zeitpunkt und zum Verlauf des von Tiberius angelegten und von Germanicus im Jahre 14 n. Chr. auf seinen Zug gegen die Marser genutzten Limes, der einen »silva Caesia« genannten Wald berührte oder durchquerte, ist recht spekulativ. Ich hoffe aber, durch meine archäologische Untersuchung zur Geschichte des Westteils des Hellwegs etwas Licht in die Anfänge des später so bedeutenden Verkehrsweges zu bringen. Die Entstehung des Hellwegs ist von archäologischer Seite leider noch kaum erforscht, obwohl eine nicht unbedeutende Menge einschlägiger Funde aus frührömischer Zeit aus dessen Nähe - nicht zu vergessen die zahlreichen Objekte späterer Zeit im Vergleich zu den vorhergehenden Zeitabschnitten - reichlich Anregungen vermitteln. So hat etwa eine Ausgrabung im Bereich der Trassen des Weges im hier zu besprechenden Bereich meines Wissens an keiner Stelle stattgefunden. Erst im Bereich einer mittelalterlichen Wüstung bei Paderborn haben entsprechende Untersuchungen stattgefunden, wobei über deren Ergebnisse bislang kaum etwas bekannt geworden ist. Für diesen Bericht werden sie wohl unerheblich sein



Münster, 28. Mai 1990