ARCHÄOLOGIE

Zur Lokalisierung der Varusschlacht in Kalkriese (Niedersachsen)

von Detlef Rothe aus Hagen in Westfalen


Zeige dich, Römer, bewußt der Pflicht, die Völker zu lenken."
Vergil, Aeneis, VI 851 (zitiert nach: Yann Le Bohec, Die römische Armee, Hamburg 2009, S. 7)

Vorbemerkung: Bis anno 2017 war ich der Meinung, daß der Plaggenwall bei Kalkriese am ehesten als Relikt des sogenannten Angrivarierwalls zu verstehen sei. Meine anfängliche Ablehnung der Lokalsierung der sogenannten Varusschlachtstätte mit dem Gelände zu Füßen des Kalkrieser Berges beruhte aber letztlich auf der stümperhaften Vorgehensweise der zuständigen Denkmalpflege, bei der das unterlassen wurde, was bei einer neu entdeckten frührömerzeitlichen Befestigung gewöhnlich zuerst versucht wird: die komplette Erfassung der Ausdehnung. Die Rückkehr zu dieser Regel hat sich offensichtlich bewährt! Die nachfolgend wiedergegebenen ,Leserbriefe' sind bloß ,zeitgeschichtlich' relevant. Über die andauernden archäologischen Untersuchungen ist auf der Museumswebseite (Varusschlacht im Osnabrücker Land: Museum und Park Kalkriese) und über den Newsletter von Archäologie Online mehr zu finden. Mein letzter Hinweis dazu: Großangelegte Grabungen im Museumspark Kalkriese (28.05.2018).

Am 23. März 2009 sandte der Webmaster einen Leserbrief für die deutsche Ausgabe der Zeitschrift National Geographic an die Redaktion. Da er nach einem halben Jahr weder abgedruckt noch beantwortet wurde, wird sein Inhalt hier veröffentlicht:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Vergnügen habe ich das eindrucksvolle Foto eines römischen Bronzekopfes
aus Kalkriese von Thomas Ernsting auf Seite 22 f. der April-Ausgabe von
National Geographic betrachtet. Es erinnert mich an die römischen Grabsteine
augusteischer Zeit, zum Beispiel an die drei Porträts auf dem Caeliusstein,
einem Kenotaph aus dem 'Varuskrieg' (zu sehen in den einschlägigen Museen zu
Bonn und Xanten). Weniger vergnüglich las sich der zugehörige Artikel von
Erwin Brunner. Demnach soll die Varusschlacht bei Kalkriese stattgefunden
haben. Immerhin hat schon Theodor Mommsen diese Theorie vertreten - und ist
dabei in wissenschaftlichen Kreisen zu Recht auf Granit gestoßen, da andere
Überlieferungen - welche an sich auch anfechtbar sind - diesbezüglich eher
auf eine Gegend zwischen Osning und Wesertal verweisen. Daß sich mit der
Wiederaufwärmung der Mommsen-Theorie ein Osnabrücker Kreisarchäologe einen
Namen gemacht hat, ist nicht unbedingt schlecht, da diese zu umfangreichen
Ausgrabungen mit sensationellen Ergebnissen geführt hat. Gleichwohl:
überzeugender ist die Theorie dadurch nicht geworden, da der Fund der
geschlängelten Befestigungsanlage (strategisch sehr fortschrittlich und
zugleich ein Hohn für die Römer-'Nattern') in Kalkriese eher auf ein noch
bedeutenderes Ereignis verweist, nämlich auf die letzte große Schlacht
(bekannt als diejenige am Angrivarierwall) im Jahr 16 n. Chr., nach der ein
römischer Kaiser möglichen weiteren Germanenfeldzügen eine Absage erteilte
und wonach Arminius zum Befreier Germaniens stilisiert wurde. Daß aus
Kalkriese keine nachvaruszeitlichen Münzen bekannt sind, könnte auf einen
enormen Kaufkraftverlust hindeuten, den die Varusschlacht verursachte, um
einmal moderne Gesichtspunkte ins Spiel zu bringen.
Möglicherweise wollen die für Kalkriese Verantwortlichen mit der
Neubewertung des Schlachtfeldes bis nach Ende des Varuskriegsendejubiläums
im September 2009 warten. Dabei sollte aber meines Erachtens die mögliche
Gefährdung des tatsächlichen Varusschlachtfeldes - sowie anderer bekannter -
nicht unbeachtet bleiben.

Mit freundlichem Gruß und herzlichem Dank
Detlef Rothe
"



Als Ergänzung mag hier ein an Archäologie Online gerichteter Kommentar vom 15. August 2009 dienen:

"Titel: Varus späte Rache
Untertitel: Kalkriese datiert sich durch Haltern?!
Kommentar: Wenn man sich den Beitrag zu den Münzfunden anschaut, offenbart sich da nicht etwas wie schlichte Einfalt und stille Größe? Wenn sich wesentliche Münzdatierungen tatsächlich auf Haltern stützen, so drängt sich der Eindruck von der Gefahr eines Zirkelschlusses auf, denn wenn in Haltern (Porto Aliso) 9 n. Chr. 'Schluß war', will man dies natürlich auch gerne für Kalkriese (wohl eher Angrivarierwall als Varusschlachtfeld) annehmen. Während Kalkriese weiter als Schlachtfeld des Jahres 9 n. Chr. behandelt wird, verschwindet womöglich das eigentliche Varusschlachtgelände tiefer in der Versenkung, wenn man es nicht gar schlaueren Raubgräbern überläßt. Alles Toyota?
Name: Detlef Rothe
"


Ein Besuch in Kalkriese anno 2015:




Zum Stand der Forschung zur Jahreswende 2018/2019 ein Interview mit Herrn Prof. Dr. Salvatore Ortisi (svz.de - 10.3.2019):
Burkhard Ewert: Varusschlacht-Forscher: "Wir stehen am Anfang, nicht am Ende"
Kommentare bei Facebook dazu:





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11.03.2019 12:27