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ARCHÄOLOGIE

Mein erster Fundbericht: Über eine Begehung von Äckern bei Birten nahe Xanten am Niederrhein anno 1975

von Detlef Rothe aus Hagen in Westfalen (Author: Detlef Rothe)


Scherben bringen Glück - aber nur dem Archäologen."
Agatha Christie (britische Schriftstellerin 1890 - 1976)

FUNDBERICHT


Mein erste Fundbericht wurde - wie ein erster archäologischer Artikel über den Kaisberg bei Hagen-Vorhalle - im Alter von 16 Jahren verfaßt und war das Ergebnis einer Studienfahrt im September 1975 nach Xanten am Niederrhein. Das Thema dieser eintägigen Studienreise waren die Römer am Rhein, und so ergaben die ersten Begehungen auf den Äckern am Fürstenberg nördlich des sogenannten "Amphitheater von Vetera I" (vgl. Hinz 1969, S. 179, Abb. o. Nr.) Relikte aus der Römerzeit, welche mit einem der römischen Kastelle des 1. Jahrhunderts n. Chr. oder einer östlich vorgelagerten Siedlung im Zusammenhang stehen dürften.

Der handschriftlich verfaßte Aufsatz blieb - wie so Vieles - unpubliziert, wurde aber in einer Arbeit des Studiendirektors Dr. phil. Wilhelm Bleicher ausgewertet (Bleicher 1984, S. 353); an der Korrekturlesung dieser Publikation war der Verfasser dank eines Hinweises durch einen Mitarbeiter der Zeitschrift beteiligt.
Hier folgen nun die beiden Seiten des Urberichtes:
19751011_Vetera1
19751011_Vetera2



ANMERKUNGEN


Reste römischer Ziegelsteine mit dem Stempeleindruck "LEG 15" - also der 15. Legion - waren aus Xanten schon im 18. Jahrhundert bekannt und wurden auch bereits gesammelt. Eine diesbezügliche Situationsbeschreibung gab der Oberpräsident aller südpreußischen Kammern in Posen, Julius Ernst von Buggenhagen, in seiner in Berlin 1795 erschienenen Schrift "NACHRICHTEN ÜBER DIE ZU CLEVE GESAMMLETEN THEILS RÖMISCHEN THEILS VATERLÄNDISCHEN ALTERTHÜMER UND ANDERE DASELBST VORHANDENE DENKWÜRDIGKEITEN" (Nachdruck Kleve 1977). Dort heißt es:
"Ueberhaupt ist die Gegend von Birten an Alterthümern sehr ergiebig gewesen. Die meisten alt-römischen Münzen finden sich noch je[t]zt am Abbruch des Rheins bei Birten. Ganz nahe an diesem Dorfe ist auch noch ein großes Amphitheatrum." (S. 79)
"Man findet auch bei Abbrüchen des Rheins, in der Gegend von Xanten, öfters große gebrannte Ziegelsteine mit dem Namen von Römischen Legionen; vermuthlich derer, welche sie angefertiget haben. Davon finden sich
XXIX.) In dieser Antiquitätensammlung verschiedene. Die darauf befindlichen Namen sind mit eingeschnittenen Stempeln aufgedruckt; und man siehet davon folgende:
| [...]
C.) LEG XV.
Von dieser Legion und von der XXX. werden die meisten gefunden.
" (S. 80 f.)

Das altehrwürdige Fichte-Gymnasium in Hagen hat trotz seines neusprachlichen Charakters jahrzehntelang viel Liebe für Latein (der Berichterstatter durfte seinerzeit gleich zwei Lateinkurse belegen) und provinzielle Römer gepflegt, daher sollte es niemanden verwundern, wenn auf diesen Seiten hin und wieder ein Seitenhieb auf jene verfl... Römer ausgeteilt wird, ob sie nun frech geworden sind oder auch nicht. Die Studienfahrten zum Archäologischen Park in Xanten am Niederrhein gehörten ebenso wie wiederholte Ansätze zur Spatenforschung im (Ver-)Sauerland (während das rheinische Xanten mehr von Hohenlimburg aus betreut wurde, siehe Bleicher im Literaturverzeichnis) zum Ritual einer humanistischen Erziehung (wobei dieser Widerspruch auf wundersame Weise durch die Begeisterung der Schüler aufgelöst wurde). Einen Einblick in die Situation im 1920er Jahrzehnt, also noch vor der nationalsozialistischen 'Erhebung', gewährte in der 'Festschrift zum 50 jährigen Bestehen des Hagener Heimatbundes' der langjährige Vereinsvorsitzende Dr. Alfons Rehkopp (HAGEN. Liebeserklärung an eine Stadt, in: a.a.O., hg. v. Hagener Heimatbund e.V., Hagen 1975, S. 3 - 106, hier S. 9 f.), welcher - nach einem halben Jahrhundert - darauf verwies, daß unser Geschichtslehrer - Gott habe ihn selig - uns aufklärte: Es gäbe gewichtige Gründe für die Annahme, daß die Vernichtungsschlacht gegen die Römer nicht im Teutoburger Wald, sondern im Arnsberger Wald stattgefunden habe; demzufolge seien die römischen Legionen nicht von Xanten (castra vetera) am Niederrhein aus die Lippe entlang auf die Weser hin marschiert, sondern von Köln (Colonia Agrippinensis) auf der alten Heerstraße, der via regia, und weiter über die historische Enneper Straße gegen die Hohensyburg gezogen. [...] Nach langem, hartnäckigem Widerstand habe Hermann [gemeint: Arminius] dann einen "strategischen Rückzug" ruhraufwärts in das gebirgige Sauerland angetreten und die nachfolgenden römischen Legionen in einen Hinterhalt gelockt (insidias parare!).[...] Es käme nun, so meinte unser alter Geschichtslehrer, darauf an, den genauen Ort des Schlachtfeldes einwandfrei zu bestimmen. So zog denn [...] die damalige U I des Hagener Gymnasiums mit Spaten und Hacken ausgerüstet [...] in den Arnsberger Wald, um [...] durch Grabungen die geheimnisumwit|terte Kampfstätte zu lokalisieren. [...] Die einzige Ausbeute, ein verrosteter Henkelmann[,] war schwerlich als Eßgeschirr eines römischen Legionärs auszumachen, und ein abgeworfenes Hirschgeweih konnte schon wegen seiner Größe kaum einem germanischen Krieger als Helmschmuck gedient haben.


TAGEBUCH


Über die Fundumstände informiert noch ein Eintrag vom 19. Oktober 1975 in meinem Tagebuch A (S. 59 - 61), den ich hier ergänzen möchte:
An jenem Tag [Donnerstag, der 25. September 1975] machte [..] die Jahrgangstufe OII des Fichte-Gymnasiums eine Studienfahrt nach Xanten und Umgebung. Wir fuhren mit zwei Bussen zunächst Richtung Wesel, dann an Birten vorbei nach Xanten. [...] In Xanten besuchten wir erst das Museum und dann den Dom mit dem Märtyrergrab. Anschließend wurde Mittagspause gemacht; in d[ies]er Zeit sah ich mir den Inhalt des Museums noch einmal und zwar genauer an. [...] Da fällt mir ein: bevor wir das Museum (ich das erste Mal) besuchten, hatten wir erst den Ausgrabungsflächen in der Colonia Ulpia Trajana einen Besuch abgestattet, was für mich sehr lehrreich war. Ich weiß nun, wie die Verfärbung einer Abfallgrube der Ubier, der Abflußkanäle und Hauptstraßen der Römerstadt (-kolonie) aussehen und habe auch einen richtigen römischen Ziegel in der Hand gehabt.

Nach der Mittagspause gingen wir zu Fuß zum Fürstenberg, überquerten das Römerlager, das unter unseren Füßen schlummerte, und gingen zum "Amphittheater"
[sic!], von dem uns Herr Egenolf erzählte, daß man auf Grund der Tatsache, daß man (noch) keine Holzreste- bzw. Verfärbungen an dem kreisförmigen Wall gefunden habe, vermutet, daß es sich wahrscheinlich um einen Übungsplatz der Reiter handele, wo das Wenden der Pferde in Formation geübt wurde. Das Ausbrechen der Pferde würde durch die Wälle gestoppt. Da ich dies noch nirgends nachlesen konnte, habe ich es hier erwähnt. Nach der Besichtigung durfte jeder [Schüler] noch etwas unternehmen, ohne Führung, und zwar bis zur Abfahrt der Busse. Ich sah mir das heutige Freilichttheater noch einmal genauer an und ging anschließend zurück zum Castra Vetera. Daß es zu regnen begann, hinderte mich nicht daran, einige Scherben, einen vermutlichen Spielstein und ein Ziegelbruchstück mit Stempel der 15. Legion, alles römisch, zu finden. Schon auf dem Weg nach Birten hatte ich ein verrostetes Eisenstück gefunden, ca. 15 cm lang, im Durchschnitt ein Dreieck (nachdem ich den Rost teilweise entfernt hatte). Da ich das Eisenstück, ca. 1,5 cm breit und 1 cm hoch, nicht mehr besitze, habe ich es hier kurz erwähnt, um es nicht zu vergessen. Mit meiner kleinen Ausbeute zufrieden, setzte ich mich zu meinen Mitschülern in eine Pinte und wurde natürlich sehr bestaunt. Ein Lehrer sagte, daß ich großes Glück gehabt hätte, und [daß] schon viele Menschen vergeblich nach Ziegelstempeln gesucht hätten. Nur ca. jeder 1000. Ziegel besäße einen Stempel[,] und da es sich ja um Bruchstücke handele ...

Ich habe ein bißchen übertrieben, aber auch so habe ich ihm nicht geglaubt.
[...]

Als es dunkel wurde, sind wir wieder heimwärts gefahren. Dabei hat uns Herr Egenolf, unser Jahrgangsstufenleiter, und Bernd Lier, unser bester Schüler, durch Jazz u. ä. per Gitarre, Klarinette und guter Stimme (Stimmung) wachgehalten. Auch das Lied, was wir in Wien zusammen gedichtet hatten, war noch populär.




LINKS

(,LVR-')Archäologischer Park Xanten des Landschaftsverbands Rheinland

Archäologischer (offiziell ,LVR-Archäologischer') Park Xanten des Landschaftsverbands Rheinland bei ,Wikipedia'

,LVR-Archäologischer' Park Xanten auf der Stadtseite Xanten



LITERATUR


H. Hinz, Xanten. Der Xantener Raum zur Römerzeit, in: Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz (Hg.), Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Bd. 14: Linker Niederrhein. Krefeld - Xanten - Kleve, Mainz am Rhein 1969, ISBN 3-8053-0129-4, S. 173 - 181

Wilhelm Bleicher, Römische Funde im "Museum Hohenlimburg" der Stadt Hagen, in: Hugo Brandenburg, Werner Fuchs, Klaus Stähler u. Hans Wiegartz (Hg.), Boreas. Münstersche Beiträge zur Archäologie, Band 7, Münster 1984, S. 347 - 359


Muster: Karikatur von Carl Grimm, Hagen in Westfalen anno 1934 ("Gräberfund" bei der Donnerkuhle: Auferstehung des ersten Westfälingers)
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20141104 18:45