Die Mittelstraße von Hagen in Westfalen.
von Detlef Rothe aus Hagen-Wehringhausen
Im 19. Jahrhundert stand im Winkel beider Straßen die zweite Marienkirche (die dritte steht noch - allerdings an der Hochstraße). Zwei Fotos von etwa 1890:
Noch ein paar Rückblicke: so sah es noch früher an der Gabelung der Mittel- in Elberfelder Straße und Körnerstraße aus:
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(Quelle: Bestand der Carl Berg AG im Archiv des Märkischen Kreises - Mark-E 2006, S. 99)
Mehr Farbe gibt's in einem Filmausschnitt vom Sommer 1956 - ein Film von Paul Kellermann (vgl. die Chronik meines City-Aufsatzes), aus dem ich unter anderem dieses Standbild erarbeitete:
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Sie lieben Farben? Dann sind sie bei einem eigenen Foto vom 14. April 1975 richtig:
Dazu noch ein selbstgemachtes Bild vom 18. Juli 2010:
Noch 'mal zurück - aber mit Abstand:
Anno 1905:
Um 1910:
Anno 1927:
Eine abendliche Aufnahme bei Regenwetter um 1937 (Postkartenansicht) verrät großstädtisches Flair:
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Dann folgte - im Zweiten Weltkrieg - ein erster Großangriff - hier (2 Ansichten): Oktober 1943:
Nach dem Krieg gab es auf der Springe anno 1947 die sogenannte ,Hungerdemonstration' - hier Leute auf dem Anmarsch dazu:
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(Quelle: Stadtarchiv Hagen - Repro: Mark-E 2006, S. 108 f.)
Nach weiteren Aufräumarbeiten: Frühjahr 1947:
An dem Haus mit der Reklame des Möbelhauses Stallmann gibt sich (rechts von dem Kopf mit Schirmmütze) noch der Eingang Elberfelder Straße der alten Rathauspassage zu erkennen, welcher anno 1955 ohne Rücksicht auf die künstlerisch wertvolle Fassade nicht etwa versetzt, sondern vernichtet wurde.
Dann hieß es: Hagen ,baut auf' - hier schon 1952:
Weitere Fortschritte sind auf einer im August 1954 gebrauchten Ansichtskarte erkennbar:
Zur Mitte des 1950er Jahrzehnt konnte man hier bereits wieder gut einkaufen:
Nicht näher gekennzeichnetes (hinsichtlich Datum und Autor) Foto aus einer städtischen Werbeboschüre aus dem Jahr 1962:
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Ansicht um 1970:
Alles auf Anfang - um 1900 (da hätte ich den Brunnen zu sehen erwartet):
Ein beliebter Aufenthaltsort war damals der Victoria-Saal, aus dem später ein Kino hervorging:
(Hinnerwisch 1902, Carton 3)
Unter der Adresse ,Körnerstraße 4' war nach dem Zweiten Weltkrieg das Viktoria-Theater - ein Kino - zu finden, und zwar bis mindestens 1962, während hier schon ab 1911 Victoria-Lichtspiele (1927: Viktoria-Lichtspiele) geboten wurden - siehe kinowiki.
Der Krieg "putzte" dann alles weg, und der Anfang der Körnerstraße wurde alsdann bis zur Heidenstraße (vorher: Haidenstraße) - neu: Rathausstraße - der Mittelstraße (dudendeppendeutsch: Mittelstrasse) "zugeschlagen".
Bereits um 1955 zeigte sich der ganze Erfolg der Aktion ,Hagen baut auf', denn Hagen konnte sich wieder sehen lassen:
Ansichtskartenfoto um 1955
Diese Abbildung zeigt noch das alte (immerhin ,renovierte') Rathausportal!
Nicht näher gekennzeichnetes (hinsichtlich Datum und Autor) Foto aus einer städtischen Werbeboschüre aus dem Jahr 1962:
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Vom 14. April 1975 datiert nochmals ein Verfasser-Bild:
Mittlerweile befand sich in den Räumlichkeiten des "stillgelegten" Victoria-Kinos ein Supermarkt (Michael Brücken, später in Kaufpark umbenannt).
Eine Ansicht aus dem Jahr 1985:
Das Jahr 1990 ist mit dabei:
Ein eigenes Foto vom 18. Juli 2010:
Time continues (oder so) - Foto von Thomas Walter bei Facebook - Dezember 2015:
Ein Vergleichsfoto vom Juli 2018:
Gerne schaue ich auf die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg zurück (Ansichtskarte von etwa 1910):
Ausschnitt einer weiteren Ansichtskarte - von etwa 1930:
Schon der erste allierte Großangriff im Oktober 1943 hatte einen ,durchschlagenden' Erfolg. Eine Privataufnahme (bester Dank an Doris - für die Bereitstellung - und an Christof für die Vermittlung!) von der Marienstraße - mit SINN im Hintergrund - aus der Zeit nach dem Ende der Aufräumarbeiten:
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Pressehaus und SINN nach dem Krieg:
Und so schaut's im Sommer 2018 aus:
Ich bin ja gelegentlich gemein - also werfen wir doch einen Blick in die Gegenrichtung, so zu Amtsgerichtsgebäude, Marienhospital, Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Goldberg und so weiter - vielleicht erkennen Sie ja 'was:
(Foto von Paul Höroldt - Frühjahr 1948)
Schuhhaus SALAMANDER und Haus van de Weyer links und rechts der Einmündung der Marienstraße um 1953:
Gerne nochmal: das Schuhhaus SALAMANDER (rechts) im Jahr 1953 bei Nacht:
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Filmaufnahmeleitung: Rolf M. Rost - Auswahl und Restaurierung: Detlef Rothe
Zeitgemäße Verkehrsübung anno 1953 (das zweite Bild wurde an der westlichen Ecke der heutigen Rathaus-Galerie aufgenommen):
Weiter geht es in die Richtung Markt - zur Dahlenkamptraße und darüber hinaus: Geschäfte, so weit das Auge reicht - Foto von Max Biegel anno 1927:
Das Detail einer im Jahr 1934 "gelaufenen" Mehrbild-Postkarte zeigt einen Blick aus der Körnerstraße heraus (ganz links ist das Pressehaus Mittelstraße 22 zu erkennen):
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Großstadtflair noch 1936:
Wiederaufbau nach dem Kriege - Stand 1952:
Ansichtskarte zur Mittelstraße aus der Zeit um die Mitte des 1950er Jahrzehnts:
SINN zur Weihnachtszeit um 1955:
Das Kaufhaus SINN mit dem ,Rest' der Mittelstraße anno 1964:
Im Mai 1968:
Weihnachtszeit anno 1970:
Herbst im Jahre 1991:
Ich bin dabei - mit zwei eigenen Fotos vom 18. Juli 2010:
Und so schaut's in der Mittelstraße im Sommer 2018 aus:
(Foto - wohl Postkartenansicht - aus dem Stadtführer von 1910)
Noch ein Foto von etwa 1910 von Paul Mende:
Nazi-Propaganda anno 1933:
Die Folgen waren verheerend:
Ein Traum von damals - von meiner Mutter zur Vervollständigung ihrer Haushaltswaren häufig besucht - war für mich das Kaufhaus Limke:
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Filmaufnahmeleitung: Rolf M. Rost - Auswahl und Restaurierung: Detlef Rothe
Nach dem Krieg um 1947 am Markt:
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(Quelle: Stadtarchiv Hagen - Repro: Mark-E 2006, S. 106)
Im Jahr 1950 sah es an den Einmündungen von Markt- und Gartenstraße (heute: Märkischer/Bergischer Ring) noch wüst aus:
Die neue verbreiterte Mittelstraße mit noch dachlosem Glockenturm der Johanniskirche (um 1952):
Es wurde noch weitergebaut - der Kirchturm hat um 1955 bereits ein Notdach:
Im Frühjahr/Sommer 1953 stand die Mittelstraße im Fokus eines Filmteams aus Hamburg. Dabei entstand auch eine Einstellung mit dem Kaufhaus Limke links (Haus Nr. 6) und der Engel-Apotheke (Haus 14 a) rechts:
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Filmaufnahmeleitung: Rolf M. Rost - Auswahl und Restaurierung: Detlef Rothe
Alles easy? Mittelstraße und Johanniskirche um die Jahreswende 1990/1991
Wir wenden uns zurück!
Desgleichen anno 1925:
Angekommen im Oktober 1943:
1946 ein Blick vom Johanniskirchturm:
Es wurde wieder Sommer - hier: anno 1964:
1970 wieder ein Blick vom Johanniskirchturm:
Abschließend zwei eigene Fotos vom 21. Oktober 2009:
Als Fazit zur Mittelstraße könnte man meinen: Hagen baut mit viel Baum, damit die häßlichen (aber immerhin teilweise "aufgehübschten") Fassaden nicht so in's Auge stechen.
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 75 - 76)
Das Porzellangeschäft Moritz Bachrach im Winkel Garten-/Mittelstraße um 1890:
Von 1917 bis 1940 (von Weltkrieg zu Weltkrieg) ist hier ein "Lichtspieltheater" belegt: der Weidenhof:
(Bitte zur Anzeige von Limke durchklicken!)
Kaufhaus Limke - Traum aller Hausfrauen und Kinder:
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Filmaufnahmeleitung: Rolf M. Rost - Auswahl und Restaurierung: Detlef Rothe
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. XLIX)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 143)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 248)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 301)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. -4)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. XLIX)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 199)
(Hagener Adreß=Buch 1902, Anhang S. 5)
(Hagener Adreß=Buch 1902, S. 174)
(Hagener Adreß=Buch 1902, Anhang S. 1)
(Hagener Adreß=Buch 1902, Carton 7)
110 Jahre Sinn in Hagen (Lokalkompass-Artikel)
(Albert Schäfer, Hagen-Emst. Ein Heimatbuch für den südöstlichen Teil der Großstadt Hagen unter Berücksichtigung der Stadtteile Eppenhausen, Halden, Herbeck, Holthausen-Haßley, Delstern und Eilpe, o.O. [Hagen] 1953 (April), S. 163)
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(Adreßbuch 1928, Namensteil, S. 367, Sp. 1)
Zum Schuhhaus an der Einmündung der Marienstraße (heutige Adresse: Marienstraße 1) gibt es eine Erzählung von Gisela Middelmann (geborene Fischer, Jahrgang 1924) aus ihrer Kindheit, welche zugleich bewegend (die persönlichen Erfahrungen) wie zeittypisch (der politisch motivierte Antisemitismus) ist:
„Da, wo heute das Schuhhaus Salamander ist, war vor dem zweiten Weltkrieg das jüdische Schuhhaus Rosenbaum, Mittelstraße 23. Da haben wir immer unsere Schuhe gekauft. [...] Ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn mein Vater neue Schuhe brauchte. Dann machten wir uns fein und sind zusammen in die Stadt gegangen. [...] Herr Rosenbaum kannte meinen Vater gut, weil er immer mit Anhang sein Geschäft besuchte. Als wir alles erledigt hatten, zog Herr Rosenbaum meinen Vater auf die Seite. [...] Es war nicht zu verstehen, um was es ging. Dann sind wir gegenüber zu Sinn gegangen. [...]
Nach etwa 14 Tagen kam die Karte: Die Schuhe sind da. Wieder machten wir uns fein und gingen am Samstagnachmittag über den Buschey zu Rosenbaum. [...] Auch meine Mutter erhielt zwei Paar neue Schuhe[,] und auch ich durfte mir Schuhe aussuchen. [...] An der Kasse erhielt ich ein Heftchen mit bunten Bildern. Die sechs Schuhkartons wurden in festes Packpapier gepackt, mit einer richtigen Kordel zusammengeschnürt[,] und oben wurde ein Paketgriff eingehängt. Es war ein ganz großes Paket [...].
Als wir es auspackten, fanden wir zu unserer großen Überraschung ein Paar hohe Schuhe, die Herr Rosenbaum [...] heimlich zwischen die anderen Schuhe gepackt hatte. Ich war glücklich, zog sie sofort an und war mit den Rollschuhen bei den anderen Kindern auf der Straße. Montags war dann in der Zeitung über die Geschäftsaufgabe zu lesen. Wir gingen noch einaml hin und kauften Pantoffel. [...] Wenn ich mich richtig erinnere, war das Mitte der dreißiger Jahre.
[...] die Firma Salamander [übernahm] das vormals jüdische Schuhhaus [...]. Das war eine nationalsozialistische Zwangsmaßnahme." ( Middelmann 2005, S. 42 - 44) - Hinweis: Bei ,Herrn Rosenbaum' handelte es sich möglicherweise um Siegmund Hesse.
Adreßbuch 1928, Straßenteil, S. 130, Sp. 4, zur Mittelstraße 23:
„Rosenbaum B. D. Schuhg.[eschäft]"
ebenda, Branchenteil, S. 846, Sp. 3, zu „Schuhwaren" - „Handlungen":
„Rosenbaum B. D., Inh.: Si[e]gm.[und] Hesse, Mittelstr. 23, @ 26063"
Foto vom Neueröffnungstag des Schuhhauses SALAMANDER (29.04.1952) - jetzt mit der Adresse Marienstraße 1:
Hinnerwisch 1902: C. Hinnerwisch, Adreß=Buch für den Stadtkreis Hagen i. W.. 1902 nebst neuestem Uebersichtsplan, 11. Auflage, Hagen i. W. (o.J.) [Vorwort vom Januar 1902].
Adreßbuch 1928: Carl Hinnerwisch (Bearb.): Adreßbuch (Einwohnerbuch - Wohnungsbuch) 1928/29 der Stadt und des Kreises Hagen nebst Stadt Hohenlimburg. Hagen o.J.
Erwin Stein (Hg.), Monographien deutscher Städte. Darstellung deutscher Städte und ihrer Arbeit in Wirtschaft, Finanzwesen, Hygiene, Sozialpolitik und Technik,Band XXVI: Hagen (Westf.), Berlin-Friedenau 1928.
Walter K. B. Holz, Ein Jahrtausend Raum Hagen (Hagen einst und jetzt, hg. v. d. Stadt Hagen, Bd. 1, 5. Lieferung), Hagen 1947.
Willy Timm, Hagen in alten Ansichten aus der Bildersammlung des Stadtarchivs Hagen, Zaltbommel (Niederlande) 1979 (4. Aufl. 1991). (ISBN 10-288-5604-1).
Hagener Heimatbund e.V. (Hg.), Eine Stadt und ihre Bürger - Hagen [Vorblatt-Titel: Hagen - eine Stadt und ihre Bürger] (Hagen einst und jetzt, Sonderreihe "Die Hagener Stadtbezirke", Band VIII), Hagen 1981.
Richard Althaus, Hagen in alten Bildern. 2. Auflage, Hagen 1988 (ISBN 3-921297-93-1).
Ilse Oberegge (Fotos: Johann Janssen), Unzerstörtes Hagen. Volme-, Bad-, Körnerstraße - Altenhagener Brücke, in: v. d. Linnepe Verlagsgesellschaft (Hg.), Heimatbuch Hagen + Mark. Hagener Heimatkalender 1990 (= Jg. 31), Hagen 1989, S. 45 - 53.
Ilse Oberegge, Unzerstörtes Hagen. An der Körnerstraße, alten Kölner und Elberfelder Straße, in: v. d. Linnepe Verlagsgesellschaft (Hg.), Heimatbuch Hagen + Mark. Hagener Heimatkalender 1992 (= Jg. 33), Hagen 1991, S. 60 - 67.
Gerd E. Sollbach (Hg.), Hagen - Kriegsjahre und Nachkriegszeit 1939 - 1948 (Hagener Stadtgeschichte{n}, hg. v. d. Museen für Stadt- und Heimatgeschichte u. d. Stadtarchiv Hagen, Bd. 4), Hagen 1994, ISBN 3-930217-06-6.
Middelmann 2005: Gisela Middelmann: Ein Paar hohe Schuhe. In: Evang.-Luth.-Pauluskirchengemeinde Hagen (Hg.): Spurensuche 3 [Obertitel: Erzählte Geschichte vom ,Blauen Montag'], Hagen, 1. Aufl. 2005, S. 42 - 44.
Mark-E 2006: Mark-E Aktiengesellschaft (Hg.): Die Zeiten ändern sich. Die Energie bleibt. 100 Jahre Energie für die Region, Hagen 2006, ISBN 3-00-019024-4 / ISBN13 978-3-00-019024-7.
DEN ENGAGIERTEN MITARBEITERN DES STADTARCHIVS HAGEN DANKE ICH FÜR DIE BEREITSTELLUNG SELTENER FOTOS BEI FACEBOOK, WELCHE AUCH MEINE ARBEIT IN VIELEM FÖRDERN!
