REGIONALES: Hagen: City

Die Schwenke am Hauptbahnhof.

von Detlef Rothe aus Hagen-Wehringhausen





Vorbemerkung: Dieser Artikel ist als Ergänzung zu meinem Aufsatz Über Eisenbahnen im Raum Hagen (Fern- und Nahverkehr) gedacht. Da dieser zu umfangreich wurde, habe ich den Schwenke-Teil herausgetrennt.


Die Schwenke grenzt an den Nordostzipfel Wehringhausens. Vom Vorplatz des Bahnhofsgebäudes ein Blick in Richtung Schwenke im Februar 2004 (eigenes Foto):
EU/D/NRW/HA/Hagen/BerlinerPlatz/20040216_154x_IMAGE27_Schwenke

Zu wenig Schnee? Na gut, dann November 2005:
EU/D/NRW/HA/Hagen/BerlinerPlatz/20051126_1509_DSCI0028_Schwenke_vom_Berliner_Platz_aus

Bei diesen beiden Fotos ist die Nachkriegserweiterung der Hauptpost zu berücksichtigen, denn das Bauwerk (heute Soziales Rathaus mit angeschlossenen Geschäftsfilialen) verriegelt zu Gunsten des Graf-von-Galen-Rings die Fortsetzung der Straße Am Hauptbahnhof, welche heute aber immerhin noch als ,Schneise' durch die Q-Park-Anlage ,Schwenke' weiter existiert.

Mehr Überblick bietet ein Foto von 1960 - da war der Neubau der Hauptpost zwischen Einmündung der "Elbe" und dem Berliner Platz gerade erst im Gange:


Hinweis: Einen kleinen Überblick zum Bergischen Ring zwischen Schwenke und Feuerwache Mitte (ehemalige Graf-von-Galen-Straße und Wilhelmstraße) finden Sie in einem Facebook-Fotoalbum vom 13. Januar 2017 - wegen des tiefen Sonnenstandes allerdings mit kontrastarmen, daher bearbeiteten Bildern.

Bis um das Jahr 1910 befand sich im Zuge der damalige Kölner Chaussee (Wehringhauser Straße / Graf-von-Galen-Ring bzw. Reichs-/Bundesstraße 7) ein Bahnübergang. Hier schwenkte seit 1870/71 die Volmet(h)albahn vom Hauptbahnhof her in den Buscheyhang ein, um am Fuße des Buscheys parallel zu Wilhelmstraße (heutzutage in diesem Bereich ein Teil des Bergischen Rings) und Bergstraße am Fichte-Gymnasium vorbei den Bahnverkehr gen Oberhagen zu geleiten. Siehe dazu den Ausschnitt aus einer Karte der Gemeinde Wehringhausen, auf welcher links die Strecke der Bergisch-Märkischen Eisenbahn (vor dem Bau der Unterführung der Wehringhauser Straße, das heißt: mit der dem Lauf der Fabrikhofstraße folgenden Kölner Straße) und rechts die hier fälschlich als ,Ennepethal-Bahn' bezeichnete Strecke der Volmethalbahn dargestellt sind:
EU/D/NRW/HA/Wehringhausen/18xxxxxx_D_NRW_HA_Wehringhausen_Gemeindekarte_Ausschnitt_mit_Bahnlinien_um_1870

Zur Schwenke erfahren wir einiges in älteren Führern der Stadt, welche für Reisende herausgegeben wurden, zum Beispiel von Gustav Stellhorn. In seiner im Frühjahr 1898 erschienenen Ausgabe wird ein durch Wehringhausen führender Stadtrundgang beschrieben, der folgendermaßen endet (S. 27 f.):
Treten wir den Rückweg an, so gelangen wir da, wo die Wehringhauserstrasse nach r. schwenkt, an die Fabrik von Bechem & Post (Centralheizungen und Wasserstaub-Feuerung). Derselben gegenüber befindet sich im Park die Villa des verstorbenen Herrn Post. Geradeaus erblicken wir schon die Schlote der nahegelegenen grossen Fabriken von Eicken & Co. und Funcke & Elbers (Krimm.). Jenseits der Bahnunterführung fällt uns an der Neuen Friedrichstrasse [die heutige Södingstraße] ein | komischer Bau, Wunderbau genannt, auf. Derselbe ist von gefangenen Franzosen 1870/71 aufgeführt. Die kurz vor der Volmethalbahn gelegene Kur-Badeanstalt von Fr. Osthoff sei hier auch empfohlen".
In der 4. Auflage vom Sommer 1907 heißt es ergänzend (S. 55):
Jenseits der Bahnüberführung, die bei der bedeutenden Erweiterung der Einfahrtsgeleise eine grosse Verlängerung erfährt, sind und werden noch verschiedene Häuser niedergelegt, um für die Einfahrt zum Bahnhof den nötigen Raum zu gewinnen. Auch das von Franzosen 1870-71 aufgeführte, in weiten Kreisen unter dem Namen ,Wunderbau' bekannte Gebäude ist dem Abbruch zum Opfer gefallen."

Der Bereich der Schwenke war schon um 1900 wegen des Verkehrsaufkommens starken Veränderungen unterworfen:
EU/D/NRW/HA/Hagen/Elberfelderstrasse/Westende/SW-AK_EU_D_NW_HA-City_Einmuendung_der_Elberfelderstrasse_in_die_KoelnerStrasse(StrasseAmHauptbahnhof)_1900_1200x0809
Selbst die Straßenbahn - links Triebwagen 15 - ,schwenkte', um von der Kölner Straße in die Elberfelderstraße (rechts) zu gelangen (Postkartenansicht vom Jahr 1900).

Ähnliche Verkehrsprobleme entwickelten sich im Gelände an der Altenhagener und Eckeseyer Brücke, wo im Zuge der Zeit nicht nur ein alter Adelshof (Haus Altenhagen) verschwand.

Die Straßenbahnlinie, welche den Hagener Hauptbahnhof mit Haspe verband, überquerte im Zuge der Kölner Straße (der westlichen Verlängerung der heutigen Straße ,Am Hauptbahnhof') an der Schwenke die Volmet(h)albahn:
EU/D/NRW/HA/Wehringhausen/Schwenke/1901xxxx_EU_D_NW_HA-Wehringhausen_Schwenke_Bahnuebergang_Triebwagen_024_1200x0792
Ansicht wohl aus dem Jahr 1901 - mit Tram 24 der Hagener Straßenbahn AG (Quelle: Jubiläumsheft Hagener Straßenbahn AG 1884-1984, S. 12)

Die Volmet(h)albahn wurde wegen der Verkehrsprobleme, welche sie in der Hagener City verursachte, um 1910 in den Goldbergtunnel verlegt. Dadurch konnte die Schwenke als Straßenverkehrsknotenpunkt besser ausgebaut werden.

Blick auf die Strassenkreuzung an der Schwenke. Fotografie von Max Biegel, 1925. Digitale Kopie vom originalen Papierabzug.

Posted by Hagen - Geschichte, Archäologie und Geologie on Dienstag, 2. Juni 2015


Ähnlich ein Blick entlang der Kölner Straße anno 1925 in Richtung Altenhagener Brücke:

Ansichtskarte aus der Zeit etwa um 1930, welche die Kölner Straße (die westliche Verlängerung der heutigen Straße ,Am Hauptbahnhof') mit Blick zum Hauptbahnhof zeigt:
EU/D/NRW/HA/Hagen/GrafVonGalenCarre/SW-AK_EU_D_NW_HA-City_Ebertstrasse(AmHauptbahnhof)_Richtung_Hbf_mit_Einmuendung_der_ElberfelderStrasse_etwa_um_1930_1200x0774
Rechts liegt die Einmündung der Elberfelder Straße. Man beachte die Tram der Linie 8 auf den Weg zur Haltestelle Franklinstraße, welche gleich in die Wilhelmstraße und von dort in die Lange Straße biegen wird!

Die Vorkriegsaufnahmen abschließend noch eine Ansicht aus dem Jahr 1939 von Johann Janßen, welchem wir zahlreiche Fotos aus der Vorkriegszeit (Drittes Reich) von Hagen verdanken, wo er als Vermessungsingenieur für die Stadtverwaltung arbeitete:
EU/D/NRW/HA/Hagen/GrafVonGalenCarre/1939xxxx_SW-Foto_EU_D_NW_HA-City_Adolf-Hitler-Strasse(StrasseAmHauptbahnhof)_Einmuendung_der_ElberfelderStrasse_(Foto_JohannJanssen)_1200x0842

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es auffällige Veränderungen (siehe auch das Luftbild zum Bereich ,Berliner Platz'!), hauptsächlich bedingt durch die Verlegung der Hauptstraßenachse von der Kölner Straße zum Graf-von-Galen-Ring:


Die Kölner Straße besteht (in Verlängerung der heutigen Straße ,Am Hauptbahnhof') nur noch als Weg im Q-Park-Komplex (Auto-Stellplätze des Graf-von-Galen-Carrés) und als Gebäudedurchgang (im Sozialen Rathaus).



Die Schienen für den Baukran (links im Bild) liegen etwa an der selben Stelle wie die Straßenbahnschienen vor der Verlegung ihrer Trasse in die Graf-von-Galen-Straße (später: -Ring).



Trotz verschiedener Baumaßnahmen (vor allem im 1950er Jahrzehnt) kam es an der Schwenke immer wieder zu Verkehrsunfällen - mit und ohne Straßenbahn:


Zwei eigene Fotos vom Juni 2005:
EU/D/NRW/HA/Hagen/Graf-von-Galen-Ring/20050605_1355_IMAG0039_Graf-von-Galen-Ring_von_Einfahrt_Parkhaus_QPARK_aus EU/D/NRW/HA/Hagen/Graf-von-Galen-Ring/20050605_1352_IMAG0035_Graf-von-Galen-_von_Bergischer_Ring
(Fotos: Detlef Rothe - 5. Juni 2005).

Dazu eine Winteraufnahme von mir:


Die gewaltigen Veränderungen wurden durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs ermöglicht:


Der Nachkriegszustand anno 1945 oder etwas später auf einem Farbdia von Otto Fernholz:
EU/D/NRW/HA/Wehringhausen/WehringhauserStrasse/Farbfoto_EU_D_NW_HA-Wehringhausen_Wehringhauser_Strasse_von_Soedingstrasse_Richtung_Hbf_um_1945_(OttoFernholz_img025)_1200x0803

Vergleichsfoto des Verfassers vom Juli 2016:
EU/D/NRW/HA/Wehringhausen/WehringhauserStrasse/20160729s1451_DSC_2853_EU_D_NW_HA-City_Graf-von-Galen-Ring_Einmuendung_BergischerRing_DETAIL_AutoBrink_1200x699

Der Graf-von-Galen-Ring entstand später etwas mehr rechts als die abgebildete, längst verbaute Verlängerung der heutigen Straße Am Hauptbahnhof (früher: Kölner Straße, danach: Ebertstraße und Adolf-Hitler-Straße).
Die zerstörte Aral-Tankstelle (rechts im Bild) wurde übrigens auf die gegenüberliegende Straßenseite der B 7 verlegt, siehe das Bild 11 der Bildergalerie Historische Fotos der Hagener Straßenbahn von ,Der Westen' (Probefahrt einer Großraumtram anno 1963 mit der neuen Tankstelle - heute: Auto Brink - im Hintergrund).

Sie wollen zur Straßenbahn? Gemacht dank KHW58097 bei YouTube:


Zum Abschluß und Abschied noch eine Facebook-Bildergalerie von ,Jürgen von Eppenhausen' (mit bestem Dank!):




CHRONISCH CHRONOLOGISCHES



1947


Die Bedürfnisanstalt an der Schwenke wurde fertiggestellt und der Öffentlichkeit zur Benutzung freigegeben." (Stadtverwaltung 1948, S. 67, Abs. 7)



LITERATUR


Gustav Stellhorn (Hg.), Führer durch Hagen, Altenhagen und Eckesey. Mit dem neuesten Plan, Hagen i. W. 1898 (Vorwort vom März 1898).

Gustav Stellhorn (Hg.), Führer durch * Hagen * und Umgegend. Mit dem neuesten Plan, Hagen i. W. 1907 (4. Auflage; Vorwort vom Juli 1907).

OffiziellerFuehrerHagen1911.png
Westfälische Verlagsanstalt Decker & Co. (Bearb. u. Hg.), Offizieller Führer durch Hagen i. W. und Umgegend, Hagen in Westfalen o. J. (erschienen Dezember 1910 / März 1911).

L. Wrietzner, Aus Hagens vergangenen Tagen. Erinnerungs-Skizzen, Hagen 1912.

Erwin Stein (Hg.), Monographien deutscher Städte. Darstellung deutscher Städte und ihrer Arbeit in Wirtschaft, Finanzwesen, Hygiene, Sozialpolitik und Technik,Band XXVI: Hagen (Westf.), Berlin-Friedenau 1928.

Stadtverwaltung 1948: Stadtverwaltung Hagen (Statistisches Amt) (Hg.): Die Stadt Hagen im Jahre 1947, o.O. o.J. [Vorwort vom Juli 1948].

Willy Timm, Hagen in alten Ansichten aus der Bildersammlung des Stadtarchivs Hagen, Zaltbommel (Niederlande) 1979 (4. Aufl. 1991). (ISBN 10-288-5604-1).

Hagener Heimatbund e.V. (Hg.), Eine Stadt und ihre Bürger - Hagen [Vorblatt-Titel: Hagen - eine Stadt und ihre Bürger] (Hagen einst und jetzt, Sonderreihe "Die Hagener Stadtbezirke", Band VIII), Hagen 1981. [Bedauerlicherweise fand hier das Verkehrswesen der Stadt (vgl. S. 55: Stadt der Brücken) kaum Berücksichtigung!]

Walter K. B. Holz, Hagen und die deutsche Eisenbahngeschichte. Die verkehrsgeschichtliche Abteilung des künftigen Stadthistorischen Heimatmuseums / Eine Konzeption, in: v. d. Linnepe Verlagsgesellschaft (Hg.), Heimatbuch Hagen + Mark. Hagener Heimatkalender 1983 (= Jg. 24), Hagen 1982, S. 52 - 59.

Richard Althaus, Hagen in alten Bildern. 2. Auflage, Hagen 1988 (ISBN 3-921297-93-1) [enthält unter anderem die älteren Abbildungen des Bahnhofviertels aus der Philippshöhe-Perspektive]

Ilse Oberegge, Unzerstörtes Hagen. An der Körnerstraße, alten Kölner und Elberfelder Straße, in: v. d. Linnepe Verlagsgesellschaft (Hg.), Heimatbuch Hagen + Mark. Hagener Heimatkalender 1992 (= Jg. 33), Hagen 1991, S. 60 - 67.

Sollbach_Hagen_1939-1948.jpg
Gerd E. Sollbach (Hg.), Hagen - Kriegsjahre und Nachkriegszeit 1939 - 1948 (Hagener Stadtgeschichte{n}, hg. v. d. Museen für Stadt- und Heimatgeschichte u. d. Stadtarchiv Hagen, Bd. 4), Hagen 1994. (ISBN 3-930217-06-6)

Hagen_Reihe_Archivbilder.jpg
Hagener Heimatbund e.V. (Hg.), DIE REIHE Archivbilder. HAGEN, Erfurt 2002 (September). (ISBN 3-89702-477-2)

EU/D/NRW/HA/Wehringhausen/JuergenZarnke_Wehringhausen_Bilder_und_Dokumente_201011xx
Jürgen Zarnke, WEHRINGHAUSEN. BILDER und DOKUMENTE [so auf dem Deckblatt], Hagen 2010 (November), herausgegeben im Selbstverlag.

Michaela u. Gottfried Beiderbeck, HAGEN im Wandel. Von der schönen Kulturhauptstadt des Gaugebiets Südwestfalen über die Trümmer des Krieges bis heute, hrsg. im Selbstverlag vom Bunker-Museum in der Bergstr. 98, Hagen 2015.



DANKSAGUNG


DEN ENGAGIERTEN MITARBEITERN DES STADTARCHIVS HAGEN DANKE ICH FÜR DIE BEREITSTELLUNG SELTENER FOTOS BEI FACEBOOK, WELCHE AUCH MEINE ARBEIT IN VIELEM FÖRDERN!

Hinweis: Für die Aktualität, Funktionalität und Korrektheit der angegebenen Links erfolgt keine Gewähr!



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