Wiedergegeben wird in leicht gekürzter Fassung das Tagebuch I des Verfassers, welches den Zeitraum vom 16. August bis 9. September 1979 umfaßt, also vor mehr als dreißig Jahren geschrieben wurde. Es schildert Erlebnisse anläßlich eines Urlaubes einer Gruppe junger Erwachsener aus Hagen in Westfalen, welche sich mehr oder weniger zufällig für diese etwa dreiwöchige Pferde-Caravan-Reise im Südwesten Irlands zusammenfand.
Zum Großteil handelt es sich bei der gemischten Reisegruppe um ehemalige Mitschüler des Fichte-Gymnasiums in Hagen; wenigstens ein weiteres Mitglied (Gerd) hat gleichfalls Tagebuch (Holidays in Ireland) geführt, so daß vielleicht einmal eine Synopse möglich sein wird. Eigennamen wurden zum Teil leicht verändert. Ortsnamen, englischsprachige Begriffe und Datumsangaben wurden im Original nicht hervorgehoben. Das Tagebuch wird durch Dia-Abzüge und sonstige Fotos (darunter solche von Gerd, welche er mir seinerzeit dankenswerterweise überließ) aus dem Fotoalbum Nr. 2 ergänzt.
Ursprünglich grob in Graustufen integrierte Bilder sind durch die Scanversuche bedauerlicherweise farbstichig geworden und wirken vor und nach der Bearbeitung teilweise surreal. Der Verfasser bittet das zu entschuldigen! Er ist sich dessen bewußt, daß Irland keine blaue, sondern eine grüne Insel ist. (Vereinzelt wurde mit Farbänderungen gearbeitet, doch blieben die Ergebnisse unbefriedigend, so daß wieder Graubilder integriert sind.)
Das ,Guinness' steht hier übrigens stellvertretend für „stout" bzw. „extra stout"; ich bevorzugte seinerzeit das „Murphy", welches süffiger schmeckt, in Deutschland jedoch schwierig zu bekommen ist:
Ach ja: ab Barleycove habe ich dann darauf verzichtet, die blauenden Dias nachzubearbeiten, da dabei die Gefahr bestanden hätte, daß der Himmel quietschgelb und die Landschaft hellbraun gerät. Wäre doch schade. (Man beachte die übrigen Bilder.)
Einführend noch ein nettes Zitat, gefunden bei Ludwig Schrott, Münchner Alltag in acht Jahrhunderten. Lebensgeschichte einer Stadt, München o.J. (1969), S. 19, Abs. 2: „Bei dieser gemächlichen Fahrt lernen wir den Alltag der Vergangenheit genauer kennen [] als durch manche grundgescheite historische Abhandlung. Im Leben unserer Vorfahren hat ja der Gaul die wichtigste Rolle gespielt. Er allein hat längere Reisen und besonders die Beförderung von Lasten ermöglicht. Fahrrad, Eisenbahn, Auto, Flugzeug und Rakete in einem ist das gesattelte Roß oder das Pferdefuhrwerk gewesen. Wer wissen will, wie es gerochen hat [...] - das Rößlein da vorn an unserer Kutsche erteilt die drastische Antwort. Es hat soeben die günstige Gelegenheit wahrgenommen, auf der Straße eine Sternenbahn frisch glänzender Roßäpfel hinter sich zu lassen."
Zeitgeschehen
Kurt Grosskurt, Die EXTRABREIT-Story, Teil 01, Anfang: „Spätsommer 1979. Ayatollah Khomeini erfindet den Mullah-Rap, Franz-Josef-Strauss den vollautomatischen Kommunistenhäcksler und Udo Lindenberg das 2-Mann-Sauerstoffzelt. In selbstgebastelten Heissluftballons entschwebt die Hälfte der DDR-Bevölkerung in den Westen, manche bis Feuerland.
An einem regnerischen Nachmittag steuert KLEINKRIEG, der damals noch schlicht Stefan Klein heisst, seinen Ford Granada in eine Parklücke auf der Buscheystrasse, hoch über Hagentown. Im Autoradio läuft "Pop Muzik": "Pop Pop Pop-Muzik, Pop Pop Pop Muzik". Seine Mission: Kay O. Schlasse, Grafiker und Cartoonist, Mitbewohner der berühmt-berüchtigten "B[uscheystraße]56", einer Art Hagener Kommune 1, für den plötzlich vakant gewordenen Posten des Frontmanns seiner Band EXTRABREIT zu gewinnen. Was war passiert?"
Tagebuch
Freitag, 24.8.79 13.00
Mein Irlandurlaub begann am Donnerstag, den 16. August, um 16.50 Uhr auf dem Hagener Hauptbahnhof. Wir, das waren Erika [..], Gudrun [..], Gerd [..], Ulrich [..], Klaus [..], Wolfgang [..], Rolf, Guido [..] und ich, fuhren mit dem Zug nach Köln, stiegen dort um und fuhren gegen 18.19 Uhr weiter nach Aachen. Dort stiegen Christine [..], Renate [..] und Christel [..] zu. Damit war unsere Reisegruppe komplett.
Über die Bahnfahrt nach Ostende gibt es nichts Wesentliches zu berichten. Wir lasen, unterhielten uns und machten zum Teil auch Musik. In Ostende hatten wir etwa zwei Stunden Aufenthalt. Jeweils eine Hälfte der Gruppe ging für eine Dreiviertelstunde in ein Hotel und hielt das Warten dort ganz gut aus.
Gegen 2.30 Uhr morgens [17. August] legte die Fähre nach Folkestone ab.
Die vier Stunden Überfahrt verbrachten wir teils schlafend, teils trinkend oder essend. Als ich Ostende verließ, genoß ich das glitzernde Lichtermeer der Hafenstadt, schaute teils wehmütig zurück, teils erwartungsvoll voraus. Da die Zukunft ungewiß war, überwiegte [= überwog] die Melancholie. Daran änderten auch die Frauen nichts.
13.10
Samstag, 25.8.79 0.50
Während der Fahrt las ich in [Giacomo] Casanovas "Geschichte meines Lebens" und versuchte zu pennen. Am frühen Morgen kamen wir in Folkestone an. Nach langem Warten ging es weiter nach London-Victoria. Ich konnte die Ankunft kaum erwarten. Ich wollte London endlich wiedersehen, und erkannte voller Genugtuung, daß alles noch beim Alten war. Aber es war das erste Mal, daß ich dieses blöde, rege Geschäftstreiben so richtig wahrnahm. Bei meiner Studienfahrt in Englands Hauptstadt hatte ich mich wohl zu schnell daran gewöhnt, um es noch wahrnehmen zu können. Ulrich haute einen Taxifahrer an, der uns für ein Pfund pro Person zu siebt mit sämtlichem Gepäck zum Bahnhof Paddington verfrachtete. Es war eine Wahnsinnsfahrt. Die Londoner schienen keine Rücksicht zu kennen. Da wir morgens gegen 10 Uhr noch über fünf Stunden Zeit bis zur Weiterfahrt hatten, fuhren wir mit der U-Bahn ins Zentrum.
Ich sah Piccadilly Circus wieder und fühlte mich beinahe wie zu Hause. In Soho machten Ulrich, Erika, Gudrun, Rolf, Klaus, Renate, Mildred, Gerd und ich ein chinesisches Restaurant ausfindig, in dem man offenbar preiswert und gut essen konnte. Daß wir im Nachhinein das Doppelte zahlen mußten, als auf der Speisekarte angegeben war, sei nur nebenbei erwähnt. Im Gegensatz zu den anderen - was ich so mitbekam - schmeckte mir das Essen recht gut. Nach einem kleinen Stadtrundgang kehrten wir mit einem Doppeldeckerbus nach Paddington zurück. Der Zug fuhr pünktlich gegen 15.30 Uhr ab [humoristische Anspielung auf den Agatha-Christie-Roman "Four Fifty from Paddington"]. Auf der Fahrt nach Pembroke las ich weiter, versuchte zu schlafen und schaute mir auch die Gegend an. Am Abend kamen wir - mit einem Bus zum Hafen verfrachtet - in Pembroke Docks an. Die Zollkontrolle war lässig - oder besser: fand garnicht statt. Gegen 22.30 Uhr fuhr die Fähre ab.
1.05
Samstag, 25.8.79 12.30
Ich versuchte nun zu pennen, wobei es sich als schwierig erwies, überhaupt eine Schlafstelle zu finden. Die Fähre war nicht so bequem wie die, welche den Kanal befuhr. So ging ich mit Klaus, Ulrich etc. in die Bar und genoß ein pint of Guinness. Später aß ich noch eine warme Mahlzeit, legte meinen Schlafsack aus und begann zu schlafen. Das gelang mir, weil ich mehr Zeit hatte, und weil die See nicht ganz so rauh war wie auf dem Kanal. Außerdem war ich hundemüde.
Am Samstagmorgen (18.8.) wachte ich vor Sonnenaufgang auf und ging an die Reeling, um die Sonne kommen zu sehen. Sie ließ auf sich warten. Noch vor Sonnenaufgang erreichten wir die Küste, und die ersten Berge schoben sich zwischen sie und mir. Ich schaute mir fasziniert die Küste an und fühlte erstmals seit langer Zeit wieder Urlaubsstimmung, wie ich sie im Freibad nur erahnen konnte. Bevor das Schiff gegen 19.20 [7.20 ??] Uhr in Cork anlegte, kaufte ich noch eine Flasche Whisky und irischen Mist, der seinen Namen keine Ehre macht. Meine Stange John Players Special hatte ich bereits auf dem Kanal gefischt.
Als hätte sich der Globus in über dreißig Jahren kaum bewegt!
Eine Zugabe dank YouTube-User ,tonykk66' (produziert von Glenville Enterprises; hochgeladen am 22. August 2011):
THE REAL CORK CITY 8am to 9am Cork Awakens: Cork City am Morgen (Tageszeit meiner Ankunft)]
Vom Hafen aus fuhr meine Reisegruppe in Taxis in die Innenstadt, wo sie auf den Bus der West Cork Travel Agency Ltd. wartete, der aber nicht kam. So fuhr sie [am 19.8.] in Taxis für 2,50 Pfund pro Person nach Clonakilty [offizielles Video
Ortsbeschreibung anno 1980]
Dort kam sie so gegen 9.30 Uhr an.
[Postkartenansicht von Clonakilty anno 1980]
Mein Taxifahrer hatte seinen Fuß offenbar auf dem Gaspedal verloren. Mit über 80 Meilen [pro Stunde (also etwa 130 km/h)] über die Landstraße [N 71]!
[Wegbeschreibung der Caravan Tour anno 1979
Caravan-Station in Clonakilty - Start- und Endpunkt der Tour]
Auf der Caravan-Station, auf der die Gruppe drei Pferdewagen übernehmen wollte, mußte ich erst eine Weile warten, bis ich mit Gerd, Wolfgang, Guido und Rolf den ersten Wagen übernehmen konnte. Gerd wollte im Zelt schlafen, so daß uns genügend Platz blieb.
12.45
Samstag, 25.8.79 19.05
Nachdem auch die anderen ihre beiden Wagen übernommen hatten, ging ich mit Erika, Gudrun, Rolf und Wolfgang in den Ort, um einzukaufen. Es war ein nettes Städtchen, viele alte Häuschen mit alten Leuchtreklamen und einem Postamt, das in einer Kirche untergebracht war. Ich kam mir fast vor, als ginge ich durch eine Hollywood-Western-Kulisse.
Bevor die Gruppe gegen 15 Uhr lostreckte, suchte sie sich noch drei Reit- und ebenso viele Zugpferde aus. Gegen 18.30 Uhr kamen wir in Ow[e]nahincha an.
In der Zwischenzeit konnte ich meine ersten Eindrücke, die die Landschaft hinterließ, vertiefen.
Wenn das Zugpferd "Jack" mir nicht so viel zu schaffen gemacht hätte, wäre es ganz schön gewesen.
Die erste Caravan-Station [von Owenahincha Beach (Tripadvisor-Link)] war ein vergammelter Camping-Platz. Als ich hörte, daß meine Clique zwei Pfund Übernachtungsgebühr pro Pferd und Nacht entrichten sollte, fand meine Stimmung erstmals wieder einen Tiefpunkt. Das Leben in Südirland werde teuer, dachte ich, zumal die Lebensmittelpreise denen in Westdeutschland [anders als etwa in Jugoslawien] in etwa entsprachen.
Abends in der Hotelbar bei irischer Folkmusik waren meine Sorgen fast vergessen.
Der Strand war sehr schön und lud zum Wandern ein.
Nachdem ich am Sonntagmorgen (19.8.) gefrühstückt hatte, kletterte ich mit Gerd über die Felsen am Strand und machte einige Dias.
[
Panoramaaufnahme (farblich ,gealtert') und Ansicht einer seinerzeit erworbenen Postkarte]
Weil es so schön war, wollten wir uns noch das Castle Freke ansehen, das auf einer Anhöhe weiter im Landesinneren stand. Wir fanden jedoch den Eingang nicht und umrundeten es einmal über die umliegenden Berge, ohne es auch nur einmal unterwegs gesehen zu haben. Dafür sahen wir uns eine Kirchenruine an. Gegen 14.30 Uhr kamen wir wieder erschöpft auf dem Campingplatz an. Nach einem ausgiebigen Mittagessen versuchten wir es noch einmal mit Christine, Renate, Guido, Rolf, Christel, Gudrun und Wolfgang.
Diesmal klappte es [mit der Burgbesichtigung]. Das Schlößchen war im Innern etwas restauriert und wirkte nur alt. Trotzdem war es [bei seinem gepflegten Aussehen] keine Enttäuschung.
Gegen 18.30 Uhr zurückgekehrt, gab es Abendbrot. Danach ging es wieder in die Hotelbar, wo der Typ von gestern Songs von gestern sang und dadurch langweilte. Zu unserem Ärger schloß die Bar bald nach unserer Ankunft.
Gegen 23 Uhr legte ich mich schlafen.
19.25
Montag, 27.8.79 12.50
Am Montag, den 20. August 1979, fuhren die zwölf Urlauber gegen 11 Uhr weiter und erreichten im Laufe des Nachmittags - nachdem wir zwei Meilen vor Leap 2 Std. darauf gewartet hatten, daß Jack ein neues Hufeisen bekam, nachdem er eines verloren hatte, und dabei in einem Pub die Wartezeit durch einige pints of Guinness verkürzt hatten - die Caravan-Station in Leap, die - obwohl sie an der Hauptstraße lag - ganz gut aussah. Sogleich nach der Ankunft ging das Schlangestehen an der Dusche los, ein Teil der Gruppe ging in das Dorf zum Einkaufen. Am Abend ging der Whisky um, dazu machten Renate und Guido angenehme Folk-Musik.
12.55
Dienstag, 28.8.79 14.15
Am Dienstag, den 21. August, nahm ich am Vormittag nach frühem Aufstehen und langem Warten einen "Shower" (Dusche) mit, dann ging es gegen 12 Uhr weiter in Richtung Skibbereen.
Jack, das Zugpferd vor meinem Caravan, machte mir sehr zu schaffen. Außer mir saß nur noch Gerd auf dem Wagen, Rolf, Wolfgang und Guido waren bei den anderen beiden Wagen hinter uns. Jack hatte es ziemlich eilig; ab und zu trabte er oder gallopierte [= galoppierte] sogar.
Mit Mühe gelang es Gerd und mir, Jack neben den schön gelegenen Shreelane Lakes zum Stehen zu bringen.
Dort wart[et]en wir dann - mittlerweile wurde es 14.30 Uhr - auf die anderen, die schließlich, als sie in Sichtweite gerieten, anhielten und sich nicht mehr vom Fleck rührten. Nach einer Weile kam Wolfgang angeprescht und teilte uns mit, daß wir kehrtmachen und zu den anderen beiden Wagen zurückkehren sollten, da wir an dem großen See übernachten wollten. Ich wußte, daß es Gerd, Wolfgang und mir kaum gelingen würde, Jack zum Umkehren zu bewegen, doch wir versuchten es dennoch, aber ohne Erfolg. Ich fand es dann doch blöd, - wie ich meinte - an der Straße zu übernachten, und geriet mit Wolfgang darüber ins Gehege, ob wir zur nächsten Station in Skibbereen, die knapp vier Meilen entfernt lag, weiterfahren sollten. Jack wurde immer unruhiger, und beim letzten Wendeversuch geriet er dermaßen in Galopp (vor dem Pferdewagen!), daß wir ihn erst nach zwei Meilen - inzwischen waren vielleicht zehn Minuten vergangen - wieder anhalten konnten. Dort fand sich schließlich auch jemand, der Jack samt Pferdewagen wenden konnte.
[Somit schlug meine erste ,Eroberung' Skibbereens fehl ! Aber so 'was läßt sich nachholen...:
[ Zurück brauchten wir eine gute halbe Stunde. Jack, der das alles nicht verstand, was um ihn geschah, blieb andauernd stehen, versuchte stets erneut zu wenden, wenn wir nicht gerade höllisch aufpassten, um doch noch nach Skibbereen zu gelangen, und wenn er gerade mal zog, dann doch nur, weil wir uns wirklich anstrengten, ihn dazu zu bewegen.
Als wir die anderen erreicht hatten, erfuhren wir drei, daß wir auf einer Wiese direkt am See übernachten durften.
Als ich mich näher umsah, kam ich mir vor wie im Paradies. Wir beschlossen allesamt, einen Tag dortzubleiben.
Gudrun und Erika trampten zum Einkauf nach Skibbereen; Gerd, Christine, Wolfgang und Guido versuchten mit Zwirnsfaden, Brotteig und einem selbstgebastelten Angelhaken (Sicherheitsnadel!) Fische zu fangen; ich ging mit Rolf und Christel spazieren, erkundete dann das Gelände auf eigene Faust und gesellte mich schließlich zu den Anglern. Am späten Nachmittag kamen Christel und Rolf mit Pilzen zurück, die Angler brachten statt Fischen Brombeeren mit, und um das Abendessen komplett zu machen, bereiteten Erika und Christel Pfannkuchen vor, während Christine, Rolf und ich noch einmal Pilze sammelten, und zwar in einem sehr dichten Lerchenwald am Nordhang auf der gegenüberliegenden Seeseite.
Dort holten wir außer Dornen und Risse[n] eine ganze Menge Butterpilze.
Der Rest der Gruppe, außer den Reitern Renate, Klaus und Ulrich, die sich von den anderen getrennt hatten, um sich die Gegend anzuschauen und um die Reitpferde auszunutzen, - der Rest der Gruppe putzte die bereits vorhandenen Pilze und Brombeeren. Gerd schaute sich die Gegend in eigener Regie an.
Am Abend gab es dann Pilzsuppe, gebratenen Räucherschinken und zum Nachtisch reichlich Pfannkuchen mit Brombeeren. Es war ein Festessen, bei dem auch der [= das] Guinness und [der] Whisky und mein Irish Mist die Runde machte. Später gesellte sich noch ein Holländer zu uns, der mit dem Rad unterwegs war und in der Nähe in einem Zelt übernachtete. Vergessen möchte ich auch den Schafgarben-Tee nicht, der einen merkwürdigen, aber nicht üblen Geschmack hatte. Schließlich kamen auch die drei Reiter unerwartet, die ein wenig Unruhe in unser gemütliches Zusammensein brachten. Unsere Gruppe war damit allerdings wieder komplett. Guido und Renate machten noch eine Zeitlang Musik, dann legten wir uns gegen 23 Uhr schlafen.
Am Mittwoch, den 22. August, stand ich gegen 10 Uhr auf, und zwar so ziemlich als erster. Ich wollte in dem See ein Bad nehmen, was sich als sehr problematisch erwies, da das Wasser sehr kühl war. Nach ein paar kleinen Runden, in denen ich einige Schwierigkeit[en] in bezug auf Algen oder anderen Wasserpflanzen zu bewältigen hatte, kletterte ich erfrischt und warm und unter Renates Heiterkeit - sie wollte es auch mal versuchen, ließ es aber auf Grund meiner Erfahrung sein - wieder an Land. Die wohlige Wärme hielt aber nur für eine halbe Stunde an, dann fror ich wieder wie der Teufel außerhalb der Hölle. Nachdem auch die anderen wieder auf den Beinen waren, trampte ich mit Wolfgang, Rolf und Christel nach Skibbereen.
Wir wurden von einem Pfarrer mitgenommen, der uns während der ganzen Fahrt deutsche Lieder zu entlocken versuchte und selbst begeistert deutsche Weisen anschlug, ohne daß er gut deutsch sprechen konnte. Er redete mehr als wir vier zusammen.
In Skibbereen tauschte ich mit Rolf und Wolfgang Geld um, dann gingen wir in einen Getränkeladen und tranken Guinness.
Bevor wir gegen 13.30 Uhr uns auf den Heimweg machten, kauften wir noch reichlich ein. Zurück wollten wir wieder trampen, doch es gelang kaum jemanden aus der Gruppe, den Vorzug eines "lifts" zu genießen. Ich war gezwungen, mit zwei vollgepackten Tragetaschen zu Fuß zu unserem Camp zurück zu marschieren. Erika und Gudrun, die ebenfalls in Skibbereen waren, hatten das Glück, bis nach Leap mitgenommen zu werden, von wo sie erst am späten Nachmittag zurückkamen.
[Einen akustischen Abschied von Skibbereen (Video von YouTube-User ,Mickthebridge' veröffentlicht am 9. Januar 2012) möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:
(Best thanks to Mike O'Laughlin for this nice song!)
Den Text finden Sie bei einer anderen YouTube-Version (von - guarunteedubliner - thanks a lot!):
Wie man hört (Ronnie Drew), wird diese Version von den - siehe etwa Über YouTube - The Dubliners) - seinerzeit (Ende des 1970er Jahrzehnts) sehr populären The Dubliners vorgetragen.]
Währenddessen wurden in meinem Wagen ein paar Dosen "baked beans" warmgemacht, und nach dieser ausgiebigen Mahlzeit hatte ich genug Muße, in Casanovas Memoiren weiterzulesen und ein wenig aufzuräumen und mich von den durch Jack verursachten Strapazen zu erholen.
15.10
Dienstag, 28.8.79 15.20
[...]
Nach dem Abendessen trampten alle nach Skibbereen, was auch klappte. Ich fuhr allein mit einer Farmerin, die kurz vor Skibbereen abbog, so daß ich im Zentrum den Anschluß verpasste. Ich hielt mich für eine halbe Stunde bei einem half pint of Guinness in einem Pub auf, las dort eine Zeitung und suchte um 21 Uhr die anderen auf, die ich auch schnell fand.
14.45
Mittwoch, 29. August 1979 9.50
Der Abend, an dem alle zwölf Gruppenmitglieder teilnahmen, erwies sich als ziemlich öde. [...] ich selbst schaute mehr auf den sterbenden Fernseher links oben in der Ecke, als an dem Gelaber der anderen teilzuhaben. Ich rieb mich langsam auf. Am späten Abend wollten wir zurücktrampen, und zwar paarweise, weil wir meinten, daß wir dann eher mitgenommen würden. Ich ging mit Gudrun gegen 22.30 Uhr entlang der Hauptstraße in Richtung Leap, doch keiner der wenigen Wagen, die vorbeifuhren, hielt. [...] Erst als wir Skibbereen verlassen hatten, wurden einige von uns mitgenommen. Gerd und Guido blieben im Pub; das war wohl das Gescheiteste. Nach endlosem Warten wollte Gudrun zurück in das Dorfzentrum, weil sie meinte, daß sie dort eher eine Mitfahrgelegenheit finden würde. Da ich damit nicht einverstanden war und zurücklaufen wollte - ich hatte das Warten satt -, trennte ich mich von ihr und lief ins Dunkel hinaus. Ab und zu kamen mir tastende Scheinwerfer entgegen oder holten mich ein, ansonsten war ich vollkommen allein. Es war sehr eindrucksvoll, wie die Schatten an mir vorüberzogen und ich mich mit steigender Erschöpfung immer wohler fühlte. Nachdem ich so zweieinhalb Meilen getrabt war, überholte mich ein Mopedfahrer trotz meines Zeichens, doch hielt [er] bald darauf an und nahm mich auf seinem wackeligen Gefährt mit. Während er und ich verzweifelt versuchten, nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen, unterhielten wir uns, ohne uns richtig zu verstehen, sondern indem wir das unheimliche Gruseln genossen, mitten in der Nacht auf einsamer Landstraße mit einem Menschen hautnah zusammenzusein, von dem man selbst nur weiß, daß er da ist. Nachdem wir so die wenigen Kilometer bis zum Camp geschaukelt waren, traf ich die anderen außer Gerd und Guido in einem Chaos vor, das keines war, sondern mit aller Kraft herbeigeführt wurde. Ich fand es [= empfand es als] lästig, wie man sich so sehr darüber aufregen konnte, daß Rita - unser Sorgenkind unter den drei Zugpferden - aus lauter Verlangen nach Hafer Gerds Zelt eingetrampelt hatte, als es das Kraftfutter aus dem dahinterstehenden Wagen naschen wollte. Ich legte mich schlafen, hörte später Gerd [...] und schlief bis zum Morgen, wobei ich ab und zu durch Ritas Klappern an der Futterkiste geweckt wurde und das Vieh selbst gehörig verfluchte.
Am Donnerstag, den 23. August, fuhren wir am späten Vormittag weiter, und diesmal zog Tom meinen Wagen. In Skibbereen verursachten unsere drei Wagen ein großes Verkehrschaos, zweimal rammten wir Lichtmasten und verfuhren uns schließlich auch noch.
Tom hielt sich wacker, und so fuhr mein Wagen den anderen davon. Es war bereits halb drei [14.30 Uhr], als die beiden anderen Wagen Gerd, Wolfgang und mich nach langem Warten wieder eingeholt hatten.
Gemeinsam ging es dann weiter nach Ballydehob, wo wir am späten Nachmittag eintrafen.
Dort war die bei weitem ödeste Pferdestation, die wir bis dahin vorgefunden hatten, so eine Art Hinterhof zu einem Gehöft. Alles war so ziemlich total versifft. Dazu wuschen wir uns noch im Badezimmer der "Herbergseltern".
Wir waren die einzigen Gäste.
Am Abend kaufte ich ein; [unter anderem eine Ansichtskarte:
[
Auf dieser Ansicht versteckt sich rechts eine SHELL-Tankstelle. An dieser Station (später eine ,top'-Tankstelle - wie aus einem YouTube-Video ersichtlich ist) begann ich eine kleine Foto-Tour:
Ein - wie ich meine - recht spaßiges YouTube-Video (,The Hinterlands of BdeHOB-1/1') beginnt an dieser letzten Stelle:
]
Ein anderer, etwas musikalischerer Beitrag (,The Lights of Ballydehob') kehrt dorthin zurück (you did never leave, didn't you?:
]
gemeinsam aßen wir dann [unser] Abendbrot, machten noch Musik,
ich bestaunte die Landschaft,
und danach ging ich mit Rolf, Gerd, Wolfgang und Guido in ein Public House, wo ich Guinness und Paddy Whisky soff und nicht schlecht rauchte. So gegen 23 Uhr ging ich zu Bett.
Am Freitag, den 24. August, ging es - die Reiter hatten uns schon tags zuvor verlassen - weiter nach Skull [Schull], das wir ohne Schwierigkeiten am frühen Nachmittag erreichten, nachdem wir eine schöne Fahrt durch eine leicht gebirgige Landschaft genossen hatten. [Gegen 13 Uhr wurde dieses Tagebuch begonnen.] Christine vermochten wir allerdings nur mit Mühe von einer blumigen Weide zu trennen, an der sie unbedingt übernachten wollte.
10.30
Freitag, 31.8.79 13.50
In Skull trafen wir Ulrich, der dort mit den anderen beiden Reitern Renate und Klaus zu Mittag aß. In Skull stellten wir unseren Caravan auf den Campingplatz, der gleichzeitig Station war, und brachten Tom auf die Weide.
Danach warteten wir auf die anderen beiden Wagen. Nach deren Eintreffen gingen wir am Abend, nachdem wir vorher Bohnen in Tomatensauce satt gegessen hatten, in das Dorfzentrum, wo wir uns in einer Hotelbar niederließen. Erika, Gudrun und Ulrich aßen noch einmal im "The Haven" und kamen später nach.Während wir uns in der Bar unterhielten, begannen zwei Iren im Gesellschaftsraum mit Ziehharmonika und Guitarre loszulegen, und der ganze Saal kam in Stimmung. Das ging sogar so weit, daß wir Renate dazu brachten, selbst etwas vorzutragen, und sie spielte zwei spanische Lieder unter allgemeinem Beifall. Später brachte sie mich dazu, trotz meines Sträubens ein paar Walzertakte auf's Parkett zu legen, und ich machte es so recht wie schlecht den Iren gleich. Es war das erste Mal seit meinem letzten Urlaub in Jugoslawien, daß ich tanzte, und ich empfand es einmal mehr als Mangel, daß ich es trotz der Tanzstunden noch immer nicht so recht brachte. [...]
Am Samstag, den 25. August, schrieb ich noch Tagebuch [0.50 bis 1.05 Uhr], bevor ich einschlief [...]. Am Morgen fuhren die anderen beiden Wagen weiter nach Barleycove; Rolf, Gerd, Wolfgang und ich blieben noch in Skull. Gerd brachte sein Zelt in Reperatur, und ich schrieb gegen Mittag Tagebuch [ca. 12.30 - 12.45 Uhr]. Danach sahen wir uns Skull genauer an, versuchten einen "Fish & Chips"-Shop zu finden und aßen schließlich irgendwo eine kalte Platte zu einem horrenden Preis.
Danach tranken wir am Hafen eine Flasche Guinness und ließen angesichts des unbeständigen Wetters den Plan fallen, uns ein Boot zu mieten.
Inzwischen wurde es Abend. Rolf machte leckeren Apfel-Pfannekuchen, den wir uns schmecken ließen, danach schrieb ich noch Tagebuch [19.05 - 19.25 Uhr] und legte mich früh schlafen, da das Wetter schlecht und ich sehr müde war. Ich fühlte mich etwas unwohl, weil die Stunden zuvor vielleicht zu schön gewesen waren. Ich war nahe daran, mich wieder zu verlieben. [...]
Am Sonntag, den 26. August, brachte uns Tom - nachdem sich Gerd von uns getrennt hatte, um nach Dublin zu trampen - von 11.30 Uhr bis zum späten Nachmittag nach Barleycove, wo unsere Caravanstation mit dem Parkplatz vom Hotel identisch war.
Gleich hinter Skull [Schull] brach auf einer abschüssigen Strecke die Wagenbremse, die wir erst reparieren mußten. Kurz vor unserer Ankunft begegneten wir Christine, Christel und Guido auf ihrem Caravan. Die drei waren bereits wieder unterwegs. Ihnen gefiel der Standort ganz im Gegensatz zu mir nicht.
14.30
[Linktipp:
Gefallen hätte vielleicht der Fischerort Crookhaven an der Küste einer Halbinsel zwischen Goleen und Barleycove - ein nicht nur durch den Funkpionier Marconi, sondern auch filmisch bekannt gewordenes ,einfaches irisches Dorf', dokumentiert anno 1959 in einer kommerziellen zeitgenössischen Reportage:
(Der Film startet bei min. 04:00; das Video wird durch Werbung von TG4 unterbrochen.)]
Freitag, 31. August 1979 16.35
Das Hotel in Barleycove [= Barleycove Beach westlich von Crookhaven] war ganz nett. Dort konnte man Golf, Tennis, Tischtennis, Kicker und Pool-Billard spielen, auch wenn es überall an Bällen fehlte. Am schönsten jedoch war, daß man in der kalten See an einem leeren Sandstrand und im angeschlossenen Hallenbad schwimmen konnte.
[Strandszenen vom ,Barleycove Beach' - mit Datum 24. Oktober 2010 (und doch wie ein Stück Ewigkeit - und mit Musik von der West Cork LOW mountain Band ) - finden Sie (dank YouTube-User ,marcma') bei YouTube:
Ein weiteres Schmankerl: Impressionen von Barleycove und Crookhaven von Anromal (etwa anno 2008):
]
Am späten Nachmittag amüsierte ich mich darüber, wie Renate und Klaus im Meer zu baden versuchten.
Am Abend gab es Erbsen, und danach ging es - inzwischen hatte ich noch Tagebuch geschrieben [??] und in Casanovas Memoiren gelesen - in die Hotelbar, wo ich erstmals einen Irish Coffee trank, der mir gut tat. Gegen 21:30 wollten wir nach Mizen Head, doch als die anderen sich nicht aufraffen konnten, ging ich alleine im Dauerlauf und kam kurz vor zehn [22.00] Uhr an. Ich schaute mir die Gegend - soweit das im Dunkeln überhaupt noch möglich war - an, kam mir angesichts der mysteriösen Wetterstation wie in einem Agentenkrimi oder auch Gruselfilm vor und kehrte dann innerhalb von zwanzig Minuten zurück. Gegen 22.40 Uhr war ich wieder im Hotel und ging zu Bett.
Am Montag, den 27. August, ging ich vormittags mit Renate, Rolf, Klaus und Wolfgang zum Schwimmen und blieb auch einige Minuten im Wasser. Danach wechselten wir zum Savings Pool über, wo ich mich wieder fit machte; danach duschte ich gründlich. Vor dem Mittagessen schrieb ich noch in mein Tagebuch [12.50 - 12.55 Uhr], danach machte ich mich gegen 13.30 Uhr zu einem Bergzug östlich von Barleycove auf;
von dort hatte ich einen schönen Blick auf die Bucht und die davorliegende Halbinsel [mit Crookhaven].
Unten auf dem Campingplatz [im 21. Jahrhundert ,Holiday Park'] konnte ich Renate, Ulrich und Klaus einkaufen sehen.
Nachdem ich mich bei dem herrlichen Wetter sattgesehen hatte, suchte ich dort oben noch einen alten Steinkreis und [schaute mir] ein wohl ebenso vorgeschichtliches Grabmal an. [Beide Anlagen sind anscheinend jeweils Rest eines Grabhügels auf einem prähistorischen Friedhof, also nicht Zeremonienplatz wie der Kenmare Stone Circle oder - wie man bei der Steinkiste annehmen könnte - ein Altar.]
Nach einem Spaziergang durch die hochliegenden Weiden erreichte ich die Straße Goleen - Barleycove und kam gegen 17.30 Uhr wieder am Hotel an, in dem wir als "residents" angesehen wurden und daher das Savingspool und andere Einrichtungen ohne Aufpreis benutzen durften. Nachdem wir zu Abend gegessen hatten, wollten wir noch einmal zum Mizen Head, Irlands "Lands End".
17.00
Sonntag, 2. September 1979 13.15
Ich ging mit Gudrun, Renate, Rolf und Wolfgang in Richtung Wetterstation; wir bogen aber kurz vorher ab und stiegen entlang den Klippen zum Meer hinab, von wo aus sich ein herrlicher Blick auf die sehr steilen Klippen ergab, gegen die die Brandung donnerte.
Von dort aus konnten wir die Sonne hinter der Wetterstation untergehen sehen.
[
Mizen Head - Irlands Land's End; Postkarte gebraucht anno 1969]
Sogleich stiegen wir wieder auf die Höhe und genossen den Sonnenuntergang von neuem und sahen, wie das Sinnbild des Lebens und der Liebe mit dem Symbol der Ewigkeit verschmolz und in ihm aufging.
Langsam - ich konnte mich in meiner Faszination nicht von dem Fleckchen Erde losreißen - ging es dann zurück, während es um mich herum dunkler und dunkler wurde. Wieder vorm Hotel angelangt, ging ich mit Klaus, Rolf und Wolfgang noch in die Hotelbar und kam wieder spät zu Bett.
Am Dienstag, den 28. August, stand ich erst sehr spät und unter dem Drängen der anderen auf und verzog mich nach dem Frühstück ins Hallenbad, wo ich wieder zu Kräften kam und mich noch einmal gründlich duschte. Nach dem Mittagessen schrieb ich Tagebuch [14.15 - 15.10 und 15.20 - 15.45 Uhr] und las in Casanovas Memoiren weiter. [...] Schließlich gingen die meisten zum Einkaufen zum Campingplatz und anschließend zum Mizen Head, um das Schauspiel vom Tage zuvor zu sehen. Ich las währenddessen weiter.
Später trafen wir uns in der Hotelbar wieder, wo ein Sänger auftrat, der es einigermaßen mit Country- und irischer Folkmusik brachte.
Nachdem alle gegen 0.30 Uhr der Nationalhymne beigewohnt hatten, legte ich mich schlafen.
An diesem Mittwoch, den 29. August, stand ich bereits gegen 7.15 Uhr auf, und gemeinsam mit den anderen Caravanbewohnern versuchten wir mit geringem Erfolg, die Schlafenden in den anderen Wagen und im Zelt zu wecken. [...]
Wir wollten an diesem Mittwoch weiter nach Durrus fahren und deshalb früh aufstehen, weil die Strecke bis dorthin über 30 km betrug. [...] Unser Wagen brach erst gegen 11 Uhr auf, und inzwischen schrieb ich Tagebuch [9.50 - 10.30 Uhr].
Er kam allerdings sehr gut voran, so daß wir nach drei Pausen, die insgesamt eine Stunde umfassten, gegen 18.30 Uhr in Durrus ankamen, wo es ein großes Hallo gab, als wir Christine, Christel und Guido wiedertrafen.
13.50
Sonntag, 2. September 1979 20.40
Zur Begrüßung gab es gleich eine kleine Session, der Guinness machte die Runde, und es gab einiges zu erzählen. Am Abend gingen Renate, Klaus, Rolf, Guido, Wolfgang und ich in Durrus in einen Pub. Die Pferdewagen-Station lag etwas außerhalb, und so machten wir einen kleinen Spurt. Wir blieben wohl bis gegen 23 Uhr.
Am Donnerstag, den 30. August, wollte Christel [...] zurück nach Hause fahren, und Guido begleitete sie bis nach Cork. Gudrun, Erika und Ulrich wollten mit ihrem Wagen nach Bantry fahren, der Rest nach Killarney trampen. Als die Tramper gegen 11.30 Uhr immer noch nicht fertig waren, ging ich alleine los. Nach einer Viertelstunde Fußmarsch mit Rucksack wurde ich endlich mitgenommen. Eine Farmersfrau brachte mich nach Bantry.
Ich ging durch den Ort zur Straße nach Glengarriff und wurde dort nach kurzer Zeit von einem Herrn mitgenommen, der mir bis kurz vor Glengarriff etwas von deutschen Firmen in Irland erzählte, dann aber abbog und mich entließ. Ich hatte noch ein ganzes Stück bis Glengarriff vor mir und ging zu Fuß für eine knappe halbe Stunde durch die Mittagshitze, bis ich von einem Ehepaar mitgenommen wurde, das ebenfalls nach Killarney wollte.
[Landschaftliche Impressionen von Kenmare, Killarney, Glengariff und Umgebung sehen Sie in einem YouTube-Video - hochgeladen im Oktober 2011 - von siiimv-User:
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Es wurde eine sehr schöne Fahrt.
[Sie wollen mitfahren? Kein Problem - nema problema! Auf nach Ladies' View in einem YouTube-Video - veröffentlicht im Juni 2009 - von YouTube-User ,odimix1':
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Es handelte sich um einen deutschen Studenten, der drei Jahre in Bochum gelebt und dann in der Referendarzeit als Teacher Assistent in England gearbeitet und dort eine Woche zuvor eine englische Polizistin - eine herrliche Frau - geheiratet hatte und nun auf Hochzeitsreise war, ohne daß sich die beiden das anmerken ließen. Er erzählte mir, daß er einmal im Jahr nach Bochum zum Kreiswehrersatzamt zur Rückmeldung fahre und ansonsten illegal in England als Lehrer arbeiten würde. Er war mittlerweile 25 oder 26 Jahre alt und hatte wohl nun vom Bund nichts mehr zu befürchten. Wir fuhren bei sagenhafter Musik von Eagles durch die brilliante Landschaft, die weder mit den Alpen noch mit dem schottischen Highland zu vergleichen ist, nach Kenmare, wo wir auf dem Kirchhof einen Imbiß zu uns nahmen. Anschließend nahmen wir noch einen deutschen Studenten auf, der als Stuttgarter in Hamburg studierte, und unterhielten uns prächtig.
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Beschreibung anno 1978]
Kurze YouTube-Video-Einführung zu Kenmare und ,The Ring of Kerry' (Amazon-Link - es handelt sich nach Meinung vieler Touristen bei der N70 um die schönste Küstenstraße der Welt!), hochgeladen im Juni 2010 - ein Werbefilm von Rick Steves mit atemberaubenden Luftaufnahmen:
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Meine Stimmung konnte kaum besser sein. Während Stevie Wonder "...over the mountains and under the sea..."sang [richtig wohl: Over the mountains and over the sea, doch gibt es ähnliche Lieder, und dabei ist wohl nichts von Stevie Wonder!], genoß ich die wilde Landschaft und mein Glück, in so guter Gesellschaft zu fahren, ohne mit einem Irländer schlecht Englisch zu bewerkstelligen, ohne daß ich ihn verstand [wie auf dem Weg nach Glengarriff.
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Postkarte von Glengarriff (Panoramaausblick vom Cobduff Mountain aus), gebraucht im September 1960]
Gegen 15.30 Uhr hielten wir in Lady's View [Tripadvisor-Link] oberhalb von Killarney und genossen die bezaubernde Aussicht. Zehn Meter von mir fiel mir wenig später ein Typ auf, der Gerd unwahrscheinlich ähnelte, und es stellte sich heraus, daß es tatsächlich Gerd war. Meine Freude erreichte ihren Höhepunkt, und wir konnten es beide kaum fassen, uns weit ab von unseren vermuteten Aufenthaltspunkten [Gerd wollte in die irische Hauptstadt, ich zum südwestlichen Zipfel Irlands] an demselben Ort zur selben Zeit wiederzusehen. Gerd vermutete mich irgendwo zwischen Barleycove und Drimoleague, während ich fest davon überzeugt war, daß er inzwischen Dublin erreicht hatte.
Er erzählte mir bald darauf im Pub, das wir mit meinen Begleitern in Lady's View aufgesucht hatten, daß er bis Cork gekommen sei, es sich dort auf Grund negativer Schilderungen anders überlegt habe, und nun in der Jugendherberge bei Killarney übernachtete, wo er sich ein Fahrrad gemietet habe und von wo aus er mit einigen Bekannten die Seen entlanggeradelt sei. So sei er an diesen Ort gekommen. Nachdem ich mich mit ihm für 18 Uhr in Killarney verabredet hatte, verabschiedete ich mich und fuhr weiter, bis ich gegen 16 Uhr in Killarney ankam.
21.15
Dienstag, 4. September 1979 16.50
Ich versuchte sofort, zur Jugendherberge zu trampen, um mir dort einen Schlafplatz zu sichern - Killarney wurde von zahlreichen Trampern aufgesucht -, doch mußte ich zu Fuß gehen, weil ich keine Mitfahrgelegenheit erhielt. So kam ich gegen 17.10 Uhr vor dem Youth Hostel an, mußte schlangestehen und konnte mir gegen 17.30 Uhr ein Bett aussuchen. Wenig später mietete ich mir für den Abend und den folgenden Tag ein Fahrrad, da die Herberge fünf Kilometer vom Ort entfernt lag. Ich beeilte mich, pünktlich um 18 Uhr in Killarney zu sein, was mir auch leidlich gelang.
Zwischen 18.30 und 19 Uhr wollte ich mich mit den anderen vor Woolworth treffen, und so ging ich mit Gerd zu einem pint of Guinness in eine gegenüberliegende Bar. Als wir gegen 19 Uhr immer noch keinen von den Erwarteten gesehen hatten, verließen wir die Bar in der festen Überzeugung, daß es mir als einziger gelungen war, bis zu diesem Zeitpunkt die über sechzig Kilometer nach Killarney bewältigt zu haben. In diesem Augenblick begegneten wir an einer Straßenecke unerwartet Renate und Klaus, die Killarney [gleichfalls] aus eigenem Antrieb aufgesucht hatten und soeben angekommen waren. Wir unterhielten uns eine Weile und verabredeten uns für den nächsten Tag. Gerd, dessen Überraschung langsam grenzenlos wurde, und ich tranken noch ein Guinness und fuhren dann in Richtung Jugendherberge, kauften ein und machten uns etwas zu essen. Danach gingen wir in einen Pub unweit der Jugendherberge. Gegen 23 Uhr legten wir uns schlafen.
17.05
[Samstag,] 8. September 1979 19.30
Am nächsten Morgen, den 31. August (Freitag), duschte ich, frühstückte zusammen mit Gerd, erfüllte dann meine "duty" (Pflichtaufgabe) und fuhr mit Gerd recht spät am Vormittag in Richtung Killarney. Wir mußten [unterwegs] warten, weil es ganz schön regnete. Wir fuhren durch Killarney die Hauptstraße nach Cork entlang.
Anderthalb Meilen östlich von Killarney bogen wir vor einem Campingplatz links ab und radelten bei strömenden Regen einen Weg entlang, und [wir] versuchten, den Lissyviggeen Stone Circle zu finden. Wir gerieten zunächst auf das Gelände des falschen Bauernhofes, der übrigens sehr ärmlich aussah, wurden dort von einem aufgebrachten alten Herrn verscheucht, und hatten nebenan Glück.
Wir fanden einen überaus sehenswerten Steinkreis aus der Bronzezeit, der offenbar auch berühmter war, als uns die Karte versprach, denn ich entdeckte auf einem Stein die Reste einer Informationstafel. Der Steinkreis hält - was seine Schönheit betrifft - einen Vergleich mit Stonehenge stand und tröstete mich in bezug auf die Enttäuschung bei Barleycove, wo ich nur einen winzigen Steinkreis ohne Zugaben fand, hinweg.
Kurz nach 12 Uhr waren Gerd und ich wieder in Killarney, und [wir] trafen dort wie verabredet Renate und Klaus [..]. Wir sagten ihnen, daß wir am folgenden Tag zusammen nach Durrus zurückkehren wollten; sie wollten sofort zurück.
Anschließend ging ich mit Gerd ins "Kentucky"-Restaurant, wo wir gut und preiswert eine Fischspeise aßen. Als wir aus dem Restaurant kamen, begegneten uns unerwartet Christine, Rolf und Wolfgang, die uns erzählten, daß sie am Tage zuvor erst gegen 19.30 Uhr nach Killarney gekommen waren und in einem Zelt am großen See übernachtet hätten. Alle drei beklagten sich über Mückenstiche und einen zudringlichen Hund, und last not least über das schlechte Wetter. Nichtsdestoweniger wollten sie noch einen Tag in der Umgebung von Killarney bleiben. Während sie in dem von uns empfohlenen Restaurant zu Mittag aßen, ging ich mit Gerd in einen Pub, wo wir es uns gemütlich machten. Das Kleeblatt kam bald nach, so daß wir dort einige angenehme Stunden bei Guinness und Keksen verbrachten. Ich schrieb zwischendurch Tagebuch [13.50 - 14.20 und 16.35 - 17.00 Uhr].
Gegen 17 Uhr fuhren wir, nachdem Christine, Wolfgang und Rolf ebenfalls Fahrräder gemietet hatten, zum Zelt, fanden dort einen pennenden Hund und radelten anschließend den See entlang, wobei Rolf uns einige Stellen zeigte, wo er vor drei Jahren in einer Jugendgruppe gelebt hatte, und sie mit dem damaligen - weitaus besseren - Zustand verglich.
[Ross Bay bei Ross Castle]
Bevor Gerd und ich gegen 20 Uhr zurück zur Jugendherberge fuhren, schauten wir uns noch Ross Castle [Tripadvisor-Link] an, einen monumentalen Steinklotz, an dem schon seit Jahren renoviert wurde, und genoßen [= genossen] den Blick auf den See, die untergehende Sonne, die wilden Wolkengebilde und die im Dunst halb verborgenen Gebirgszüge.
Zurück zur Jugendherberge gelangt, machten Gerd und ich uns ein warmes Abendessen, verzichteten auf einen Besuch des öden Pubs an der Hauptstraße, sondern lasen noch etwas im Aufenthaltsraum und gingen bald schlafen.
Am Samstag, den 1. September, standen Gerd und ich gegen 8 Uhr auf, frühstückten eine Stunde später, erfüllten unsere duty und machten uns auf den Weg nach Durrus. Wir versuchten, gleich von der Hauptstraße aus zu trampen, doch es gelang uns nicht. So liefen wir mit unseren Rucksäcken fast eine Stunde bis nach Killarney. Bereits erschöpft suchten wir einen Pub auf, und nach einem Guinness ging es uns gleich wieder besser. Als wir aufbrachen, war es bereits Mittag.
Wir gingen weit nach Süden aus den Ort hinaus und stellten uns an die Hauptstraße. Von 11.50 bis 13.30 Uhr wechselten wir uns mit dem Signalisieren ab, doch ohne Erfolg. Dabei begegneten wir nur wenigen anderen Trampern. Die meisten Autofahrer antworteten auf unser Zeichen, daß sie demnächst abbiegen würden, also nicht weit fahren wollten. Unser Fehler war wohl, daß wir am Wochenende zurückwollten. Ab und zu regnete es. Schließlich trennten wir uns, und bald darauf hatte Gerd Glück. Der Fahrer nahm auch mich auf, und so kamen wir gemeinsam nach Kenmare.
In Kenmare, wo weit weniger Autos fuhren als in Killarney, führte unser erster Weg ins Tourist Office, wo wir erfuhren, daß am späten Nachmittag ein Bus nach Bantry fahren würde. Wir beschlossen, so lange zu warten, und gingen in einen Pub, wo wir unser obligatorisches Guinness tranken und auch etwas aßen.
Später überlegten wir es uns anders und versuchten, die Wartezeit dadurch zu verkürzen, indem [= daß] wir hinter der Brücke auf eine Mitfahrgelegenheit hofften. Wir wurden in unserer Hoffnung enttäuscht.
Als wir gegen 15.30 Uhr zurück in den Ort wollten, hielt ein junger Franzose seine klapprige, aber neue Ente an und lud uns ein, mit nach Glengarriff zu fahren, wo er ein wenig segeln wollte. Wir nahmen diese Einladung gerne an und fuhren durch die beeindruckende Gebirgslandschaft bis nach Glengarriff, wobei die Ente bei der wahnsinnigen Geschwindigkeit, die der Franzose an den Tag legte, ab und zu vor Freude den Straßensplit küßte. Immerhin war das komische [Vogel-]Tier sehr weich gefedert. In Glengarriff gingen Gerd und ich natürlich in einen Pub, um unser Guinness zu trinken, zumal wir erfuhren, daß um 18 Uhr ein Bus nach Bantry fahren würde. Die Zeit wurde uns nicht lang, zumal wir einen alten, mageren Bauern traditionelle Lieder in einer melancholischen Art singen (vielleicht auch lallen) hörten, die uns sehr gefiel. [Es erinnerte mich an The old man.]
Zwischendurch konnte ich auch die "Furey Brothers" [allerdings nur on air] hören.
Wieder einmal eine Überraschung gab es, als wir Christine und Rolf in einem Bus an uns vorbeifahren sahen. In Killarney hatten wir im Tourist Office erfahren, daß in dieser Season kein Bus mehr nach Bantry fahren würde.
Wenige Minuten später fuhr auch unser Bus, und wir trafen Christine, Rolf und Wolfgang in Bantry wieder, wo es erst einmal einiges zu erzählen gab. Zusammen mit Christine und zusätzlichem Gepäck versuchte ich, durch einen "lift" nach Durrus zu gelangen, doch unsere Trampversuche verliefen zunächst wieder einmal kläglich.
Nachdem ich zusammen mit Christine wohl eine der sechs Meilen nach Durrus zurückgelegt hatte, hielt endlich einer der seltenen Wagen und brachte uns direkt bis zur Horse Caravan Station. Wir bedankten uns und waren froh, wieder ein Zuhause zu haben.
Wir besorgten gleich ein reiches, warmes Abendessen - Renate, Klaus und Guido hatten sich nach Bantry aufgemacht, wo Gudrun, Erika und Ulrich ihren Wagen stehen hatten - und warteten auf die drei Nachzügler [Gerd, Michael und Rolf], die einen Großteil ihres Weges zu Fuß zurücklegen mußten. Trotz unseres langen Wartens kamen sie erst nach 22 Uhr und erzählten uns, daß sie in Durrus zu einem Pubbesuch eingeladen worden seien und daß es dort ganz lustig zuginge. Ich war jedoch zu müde - ebenso wie die anderen -, um noch etwas zu unternehmen. Ich legte mich so bald als möglich schlafen.
Am Sonntag, den 2. September, ging es, nachdem wir spät aufgestanden waren, weiter nach Drimoleague. Unterwegs schrieb ich Tagebuch [13.15 - 13.50 Uhr] und las in Casanovas Memoiren weiter. Ich begann das zweite Buch seiner Lebensgeschichte.
20.55
Samstag, 8. September 1979 21.15
Gegen 17.45 Uhr kamen wir ohne Pannen in Drimoleague an, fanden einen schönen "Caravan Rest" vor und hatten den ganzen Platz für uns drei (Rolf, Wolfgang und ich). Gerd und Guido wurden eine halbe Stunde später auf einen anderen, illegalen Platz untergebracht, aber es gefiel ihnen dort besser. Renate und Klaus, die [eventuell erst am folgenden Tag] zu Pferde nachkamen, gesellten sich zu ihnen [...]. Rolf, Wolfgang und ich gingen am Abend in einen Pub, den wir aber um 22.30 Uhr wieder verlassen mußten ("Time does not allow us to give you another ...", wie es bereits in Ow[e]nahincha hieß). Wir waren erst gegen 22 Uhr gekommen, nachdem ich noch Tagebuch geschrieben hatte [20.40 - 21.15 Uhr]. Der Abend wurde lustig, da ich gemeinsam mit den anderen eine Flasche Whisky leerte und pokerte.
Den Montag, 3. September, verbrachte ich hauptsächlich damit, daß ich weiter in Casanovas Memoiren las. Bis zum Abend hatte ich das zweite Buch durch, und ich las die Autobiographie mit zunehmenden Interesse. [...]
Am Nachmittag ging ich mit Rolf und Wolfgang ein wenig querfeldein, dann in das Zentrum zum Einkaufen, und am Abend besuchten wir Erika, Gudrun und Ulrich auf dem anderen "Caravan Rest", da sie inzwischen aus Bantry eingetroffen waren.
Am Abend gingen alle Anwesenden in den Pub, wo ich am Abend zuvor gewesen war. Ich trank meinen letzten Irish Coffee auf der Reise - ich fand ihn abscheulich - und schaute zu, wie Wolfgang, Rolf, Ulrich und Klaus Pool-Billard spielten. Es war eine schlechte Platte mit ebenso schlechten Bällen [= Kugeln], und ich empfand keine Lust, es ihnen gleichzutun. An diesem Abend wurde es wieder recht spät.
Am Dienstag, den 4. September, fuhr zunächst Christines Wagen mit Gerd und Guido weiter.
21.40
[16.50 - 17.05 Tagebuch]
Samstag, 8. September 1979 22.50
Auch an diesem Abend wurde eine Flasche Whisky geleert. Irgendwann hatte ich jedoch die Nase voll, weil ich quasi umsonst zum Pub gelaufen war, um Guinness zu holen, da danach nicht weitergepokert wurde. Ich verzog mich ins Dunkele und versuchte mich auf der Flöte. Gegen 24 Uhr ging ich zu Bett.
Am Mittwoch, den 5. September [nachträglich ersetzt für "Dienstag, den 4. September"], führte Tom Wolfgang, Rolf und mich weiter nach Ballynacarriga [Linktipp]. [...]
Über die Fahrt selbst gibt es nicht viel zu berichten, abgesehen davon, daß wir erstmals von der offiziellen Route abwichen, um eine Abkürzung zu nehmen. Das erwies sich jedoch als Nachteil, denn die Straße war schlecht, und außerdem verfehlten wir im ersten Anlauf unser Ziel.
Während der ganzen Fahrt regnete es, und ich verzog mich für die meiste Zeit in den Wagen und las Casanovas Memoiren. Am Nachmittag schrieb ich kurz vor der Ankunft noch ins Tagebuch [am Dienstag, den 4. September, 16.50 - 17.05 Uhr].
Am Abend gab es noch einmal Apfelpfannkuchen, und danach wurde zu sechst gepokert. Der Höchsteinsatz betrug 10 P[ence]. Nach langem, heiterem Spiel mit Guinness und Whisky stiegen nach und nach einige Mitspieler aus, bis zuletzt nur noch Rolf, Wolfgang und ich spielten. Das letzte Spiel war das bemerkenswerteste, [denn] ich hatte ein Full House in der Hand und war sicher, das Spiel zu gewinnen; doch da legte Rolf einen Vierling vor, und da war natürlich die Überraschung und Heiterkeit groß. Er konnte unmöglich gemogelt haben, denn das wäre aufgefallen. Bei mir fiel es allerdings nicht auf; trotzdem verlor ich fast ein Pfund [Sterling]. Das Spiel, um das [= den damit verbundenen Geldverlust] es mir nicht leid war, bildete gewissermaßen den krönenden Abschluß des Irlandurlaubs. Danach sah ich mich quasi nur noch auf der Rückfahrt.
Am Donnerstag, den 6. September [nachträglich ersetzt für "Mittwoch, den 5. September"], besichtigte ich allerdings nach dem Frühstück und dem Abwasch noch die Burgruine aus dem 16. Jahrhundert; gegen Mittag ging es zurück nach Clonakilty, wo wir am späten Nachmittag eintrafen. In der Zwischenzeit las ich meinen Casanova-Band fast zu Ende. Vom dritten Buch blieben mir nur noch wenige Kapitel.
Am Abend ging ich in Clonakilty in einen Pub, während Rolf und Wolfgang ihre Klamotten packten. Ich sah eine Folge der Serie "Rockford" und blieb noch bis gegen 22 Uhr dort. Dann sah ich zu, daß ich zu Bett kam.
23.05
Freitag, 14. September 1979 15.30
Am Freitag, den 7. September, einen Tag nach der Ankunft in Clonakilty, packte ich am Morgen meinen Tramper-Rucksack und ging zur Travel Agency in den Ort. Christine, Gerd, Rolf, Guido, Wolfgang und ich wollten nach Cork trampen, und [= um] das Fahrgeld zu sparen. Außerdem wußten wir nicht, was wir in Clonakilty verloren hätten. Der Rest der Reisegruppe hatte Clonakilty noch nicht erreicht.
Gegen 9.30 Uhr erschien ich also in der West Cork Travel Agency Ltd. und fragte nach, ob ein Päckchen für mich angekommen sei. Ich erwartete nämlich ein Exemplar meines ersten Buches von Herrn Dr. Korell. Es war jedoch noch nicht angekommen. Daraufhin ging ich in Richtung Cork aus den Ort hinaus und stellte mich an die Hauptstraße. Dort wartete ich etwa eine Stunde, ohne mitgenommen zu werden - auch der Bus, der pünktlich kam, reagierte nicht auf mein Zeichen -, und unterhielt mich mit einem Einheimischen, der auch nach Cork wollte, mal eben so zum Einkaufen, wie er meinte. Alles [= Als] ich sah, daß ich - wieder mal am Wochenende - keine Chance hatte, ging ich los in Richtung Cork, versuchte es nach einer Meile noch einmal, und lief weiter, mit beißender Wut im Bauch, der Verzweiflung nahe und doch gefasst. Ich wußte, daß ich den ganzen Tag Zeit hatte und am späten Nachmittag immer noch mit dem Bus fahren konnte.
Unterwegs traf ich Rolf und Wolfgang, bei denen es ebenfalls nicht klappen wollte, überholte sie und ging zu Fuß bis zum nächsten Dorf, teils noch signierend, dann würdigte ich den Wagen in meiner Verbitterung - zumal es wieder tröpfelte - keinen Blick oder sonstige Beachtung. Als ich das nächste Nest erreichte, war es bereits 12 Uhr mittags. [Anspielung auf den deutschen Titel des amerikanischen Western High Noon!]
Dort angekommen, wählte ich eines der beiden Pubs und steuerte es an, ließ mich darin nieder und spülte den bitteren, staubigen Geschmack in meiner von Schweißdunst umgebenen Kehle mit einem noch bitteren Schluck Guinness in die Tiefe. Nachdem mich die Musik aus den verborgenen Lautsprechern wieder zur Besinnung gebracht hatte, wurde ich wieder versöhnlich, wurde mir der tiefen Einsamkeit bewußt, die meine Bitterkeit gefördert hatte und mich an den guten Willen der Autofahrer und -innen zweifeln ließ. Ich fühlte mich schnell wieder wohl, schrieb meine letzten Ansichtskarten dieser Reise, besorgte mir wieder Zigaretten - ich hatte zwei Tage nicht mehr geraucht, nachdem mein Vorrat verbraucht war - und unterhielt mich mit den Anwesenden. Das lähmende Gefühl der Isolation verflog, und ich trank mir noch ein Guinness, bevor ich den Laden gegen 12.30 Uhr verließ.
[
In einer der erwähnten Ansichtskarten heißt es: Hallo Zuhause! Ich sitze hier in einem Pub zwischen Clonacilty und Cork und habe drei Stunden vergebens auf eine Mitfahrgelegenheit gewartet. Zehn Kilometer habe ich mit meinem Gepäck zu Fuß zurückgelegt, um zur Fähre zu gelangen. Nun entspanne ich mich bei guter Musik und spüle meinen Ärger herunter - und bin gespannt, ob diese Karte eher zu Hause ist als ich!"]
Ich setzte mich außerhalb des Ortes, der wohl fünf Meilen östlich von Clonakilty lag, auf das Brückengeländer und harrte rauchend der Dinge, die mit mir machten, was sie wollten.
Nach einer weiteren halben Stunde - es war gegen 13 Uhr - hatte ich, nachdem ich mich wieder auf den Weg gemacht hatte, endlich Glück. Vor mir hielt ein irischer Wagen an, und als ich im Wagen sah [= saß], bemerkte ich vor mir auf dem Armaturenbrett eine Kunststoff-Madonna und darunter auf einem Blatt Papier ein ebenso kitschiges Foto einer ähnlichen, [und zwar] zusammen mit einem Gedicht, das mit "Motorist's Prayer" überschrieben war. Der Fahrer war ein hagerer Typ, den man für einen Schriftsteller hätte halten können. Er sagte mir, daß er nach Cork wolle, um an der dortigen Universität [University College] eine Vorlesung zu halten.
Wir unterhielten uns ganz gut über den irischen Nationalismus, die IRA und den Europäischen Markt (EG). In Bandon hielt der Engel seinen Wagen an, um einzukaufen, anschließend nahm er mich bis zur Uni mit. Um 14 Uhr war ich also in Cork! Der Gedanke daran erfüllte mich mit großer Freude, [wie] eine genugtuende Erleichterung.
Mit dem Bagger [= Bus] fuhr ich zum Busbahnhof, wo ich mich mit den anderen gegen 13 Uhr treffen wollte. Ich traf keinen von ihnen an. Ich gab meinen Rucksack in Verwahrung und stolzierte mit meinem inzwischen stark ramponierten Strohhut durch das wilde, geschäftige Treiben, das einer Großstadt - wie lange hatte ich keine mehr gesehen! - mehr als würdig war. Ich bewunderte ein großes, schillerndes Kaufhaus mitten im Zentrum und besuchte einen Musikladen. Zwischendurch aß ich ein inzwischen sehr geschätztes "Choc"-Eis.
Gegen 16 Uhr traf ich dann am Busbahnhof die anderen fünf Tramper wieder, mit denen ich nach einer Zigarettenpause zur Jugendherberge marschierte. Dort warteten wir bis etwa 17.20 Uhr, dann wurden wir hineingelassen.
Nach einer ausgiebigen Mahlzeit las ich noch etwas, später suchten wir zusammen einen Pub in der Innenstadt auf. Es sollte einen echt irischen Pub darstellen, doch am meisten gefiel mir die Musikbox, in der es echt gute und internationale Konserven gab. Es wurde ein intensiver, wenn auch recht trauriger Abend für mich. Gegen 23 Uhr kehrten wir zurück.
Am Samstag, den 8. September 1979, standen wir bereits gegen 6.30 Uhr auf, beeilten uns mit dem Waschen, Frühstücken und Spülen. Um 8 Uhr warteten wir bereits an der Reception auf den müden, jungen Herbergsvater. Wir hatten es eilig, da wir eine halbe Stunde bis zur Busstation brauchten, von wo der Bagger zum Hafen abfuhr. Nachdem ich dem lahmen Affen gegen 8.10 Uhr deutlich gemacht hatte, daß wir in Eile waren, bekamen wir eine gehörige duty aufgebrummt, die wir - als Gegenleistung - links liegenließen und uns stattdessen verabschiedeten. Inzwischen war es für einen Fußweg bereits zu spät geworden. Wir hatten aber das Glück, daß ein Bus bis zur Busstation fuhr. So konnten wir den alten, klapprigen Doppeldecker zum Hafen besteigen und waren um 10 Uhr pünktlich zur Abfahrt auf der Fähre nach Pembroke.
Die acht oder neun Stunden auf der Fähre vergingen wie im Flug. Ich sah fern, ging nach draußen an die Reeling, trank während der ganzen Fahrt nur ein Bier und weiß ansonsten nicht, wieso die Zeit so schnell verging. Auf der Fähre traf ich Gudrun, Erika, Renate, Ulrich und Klaus wieder. Den Casanova-Band hatte ich im Nu durch.
Abends kamen wir in Pembroke an, wurden zum Bahnhof hochgekarrt und fuhren mit dem Zug nach Swansea, wo wir gegen 21 Uhr umsteigen mußten. Ich verbrachte viel Zeit beim Tagebuchschreiben [19.30 - 20.55, 21.15 - 21.40 und 22.50 - 23.05 Uhr], fast die ganze Fahrt[-Zeit]. Wir kamen erst gegen 23.30 Uhr in London-Paddington an, zu einem Zeitpunkt, zu dem es sich nicht mehr lohnte, nach einem Bett Ausschau zu halten.
Zum Glück hatte die "Railbar" noch auf, so kaufte ich einen öligen Kaffee und ein paar ranzige Cheese-Sandwiches, um meinen gröbsten Hunger zu stillen. Bei der Gelegenheit wurde ich von einem Engländer angequatscht, der mit dem Radl aus Germany da war. Er bat mich, ein Bewerbungsschreiben, das er in einem kläglichen Deutsch verfasst hatte, zu verbessern. Ich hatte viel Spaß dabei, und ich las, daß er sich rühmte, deutsche Fachliteratur auf seinem Gebiet fehlerlos übersetzen zu können. Ich tat ihm den Gefallen und wurde erst am Sonntag, den 9. September, gegen 2.30 Uhr fertig.
Langsam war ich so kapputt und fühlte mich so unwohl, daß ich nur noch pennen wollte. Ich gesellte mich zu den anderen, soweit sie sich nicht verabschiedet hatten, und legte mich auf einer Bahnsteigbank pennen. Ich blieb auch weitgehend ungestört; es war warm, und es ziehte [= zog] nicht; nur gelegentlich weckte mich das entsetzliche Dröhnen einer der klapprigen englischen Dieselloks.
Punkt 6 Uhr standen wir auf. Wir warteten auf die erste U-Bahn der Circle Line und fuhren in Richtung Victoria-Station. Unterwegs verabschiedeten sich Rolf, Christine, Gerd und Guido, und so blieben nur noch Wolfgang und ich übrig. Renate, Erika, Gudrun, Klaus und Ulrich hatten bereits in der Nacht ein Taxi genommen, das sie zu einer Unterkunft bringen sollte. Renate, Klaus, Guido, Gerd und Rolf wollten noch ein paar Tage in London bleiben.
Da unser Zug erst gegen 10.35 Uhr fahren würde, schlug ich Wolfgang vor, eine Runde mit der Circle Line zu fahren und dann erst im Victoria [Station] auszusteigen, da es uns keine zusätzlichen Kosten bringen würde. Er war einverstanden, und so frühstückten wir in der Bahn, bis wir nach etwa einer Stunde in Victoria ankamen. Dort sahen wir uns erst einmal den Fahrplan an, in dem unser Zug nicht angegeben war - offenbar handelte es sich um einen Sonderzug zur Fähre -, dann wechselte ich mich mit Wolfgang beim Bewachen des Gepäcks ab. Als ich an der Reihe war, tauschte ich noch etwas Geld um - zu einem unmöglichen Kurs -, reservierte zwei Plätze bei transalpino für den Zug (nachdem ich nach langem Suchen das geöffnete Büro fand) und verfiel auch so der ganzen Hektik in der Bahnhofshalle. Ich wollte endlich da raus.
Bevor der Zug gegen 10.35 Uhr abfuhr, trafen wir Erika, Gudrun und Ulrich, die mit dem nächsten Zug fahren mußten. Während der Fahrt lernte ich eine nette Amerikanerin kennen, die aus Arizona stammte, und zusammen mit Wolfgang spielten wir Karten. Zunächst pokerten wir, dann brachte Wolfgang ihr Mau-Mau bei, und zu guter letzt spielten wir amerikanisch.
Gegen 12 Uhr mittags waren wir in Dover und gingen aufs Boot.
Die Amerikanerin sah ich nicht wieder. Dafür nahm mich [nun] das belgische Fährschiff gefangen, ein dämlicher, alter Kutter, den man längst hätte versenken sollen. Ich war sehr enttäuscht. Drinnen alles eng; es stank nach Schimmel und Desinfektionsmitteln; dazu waren Speisen und Getränke arschteuer. Auch der duty-free-shop verkaufte nichts so günstig wie anderswo. [High noon!] Ich verzog mich nach einer mehr schlechten als rechten Mahlzeit zu Gudrun, Erika und Ulrich in die "lounge" (Diele), las dort im Spiegel und versuchte mit geringem Erfolg zu pennen. Danach war mir schwindelig und übel.
Es war der traurigste Abschied, den man sich nach einem Urlaub wünschen kann. [Er hat letztlich dazu geführt, daß ich fortan die Wasserschiff-Fahrt verachtete und daß sich mein Interesse mehr einer besseren Schiff-Fahrt zuwandte, nämlich der Luftschiff-Fahrt, siehe Der Brand des Zeppelins LZ 129 Hindenburg und Die CargoLifter-Katastrophe.] Ich war froh, daß ich am späten Nachmittag von der Fähre kam und bald in einem bequemeren Zugabteil saß, das eigentlich reserviert war. Das hat jedoch niemanden gestört. Die letzten Stunden der Reise verbrachte ich fast vollständig mit meiner "Spiegel"-Lektüre. Nachdem wir in Köln umgestiegen waren, kamen wir um 22.49 Uhr in Hagen an. Wolfgangs Vater wartete bereits und fuhr mich nach Hause. Damit war dieses kleine Abenteuer entgültig [= endgültig] vorbei.
17.00
[Abschließend noch herzlichen Dank an die Organisatoren und Mitreisenden der Tour für die gelungene Unternehmung!]
Links
Aufnahmen aus der Stadt Cork im 1960er Jahrzehnt, hochgeladen von YouTube-User Anromal:
Kurze Video-Einführung des Bezirks von Clonakilty in West Cork bei YouTube:
Der YouTube-Film ,The Horsedrawn Camp Summer Holiday 2010 at Pinvin Worcestershire' gibt einen Einblick in die ,Zigeuner-Szenerie' heutzutage:
Es würde eine interessante Aufgabe sein, die gesamte Wegstrecke per Video nachzufahren. Sie haben es eilig? Dann empfehle ich Ihnen die schnelle Tour ab Clonacilty im Zeitraffer, hochgeladen von YouTube-User Rudisheisse:
Dankenswerterweise gibt es auch nette Menschen, welche Road Movies aus Fahrersicht in Etappen servieren! Ich nenne hier nur littleyellowfriend (MORIYAMA PRODUCTIONS) bei YouTube.com; es gibt aber auch andere: