„Begonnen hat alles mit einem bescheidenen, aber erlesenen Gemüsebeet. Über Jahrzehnte wurde dieses konsequent beackert, umgegraben, erweitert, neu geordnet und behutsam gepflegt, sodass sich dieses Beet in aller Stille in eine Großgärtnerei verwandeln konnte. Ein Teil der gesäten Pflanzen, herangewachsen unter der fürsorglichen Pflege ihres Gärtners - Fritz Eckart Barth -, hat bereits vor einiger Zeit Früchte getragen: die Bohnengeschichten, der Spurensucher, das Archäolive-Projekt..."
Anton Kern, Kerstin Kowarik, Hans Reschreiter u. Andreas W. Rausch, Reich an Salz und reich durch Salz, in: dies. (Hg.), SALZ - REICH. 7000 Jahre Hallstatt, Wien (Verlag des Naturhistorischen Museums) 2008, S. 10 - 11)
EINFÜHRUNG
Drei Jahrzehnte ist es her? Kaum zu glauben! (Aber die Fortschritte in der Forschung und deren Präsentation sprechen eine deutliche Sprache!)
Nach meinen Ausbildungsaufenthalten in Niederbayern 1982 und 1983 hielt mein Forschungsinteresse für die Prä- und Protohistorie Süddeutschlands (alamannisch-bajuwarischer Kulturkreis) und Österreichs (Alpenvölker, insbesondere eisenzeitliche) bestehen. Es freute mich besonders, schon unmittelbar nach meiner Tätigkeit in Niederbayern an einer Studienexkursion des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster nach Ostbayern und Österreich teilnehmen zu können: Ur- und Frühgeschichtliche Denkmäler und Funde in Österreich, geleitet von Frau Dr. Majolie Lenerz-de Wilde. Sie begann drei Tage nach meiner Rückkehr von der Grabungskampagne in Neuburg am Inn und dauerte bis zum 30. September.
Die Exkursion startete am 19. September um 8 Uhr morgens im Seminar für Ur- und Frühgeschichte am Domplatz in Münster; mit einem Reisebus ging es zum ersten Übernachtungsort, der Stadt Kelheim an der Donau. Ein Tagebuch habe ich seinerzeit nicht geführt, obwohl es sich gewiß gelohnt hätte. Wegen ausstehender Entlohnungen war zudem meine Reisekasse ziemlich bescheiden. Infolgedessen habe ich nicht sehr viele Fotos gemacht (Dias).
STATIONEN
DEUTSCHLAND
Kelheim (19./20.9.)
Zum Aufenthalt in Kelheim (Niederbayern) gehörten neben dem Besuch der keltischen Stadt Alkimoennis auch eine Bootsfahrt durch den Donaudurchbruch und die Besichtigung des Barock-Klosters Weltenburg. Das leckere Asam-Doppelbockbier hatte ich bereits während der Grabungszeit genießen dürfen.
Reisemüde Exkursionteilnehmer im Kloster Weltenburg (Foto: Hermann Mesch - 19.9.1983 nachmittags)
Seit 1981 befindet sich das bereits im Jahre 1908 gegründete Archäologische Museum der Stadt Kelheim in dem spätgotischen sogenannten Herzogskasten (ehemaliger Speicher) am Rande der Kelheimer Altstadt. Die rege archäologische Tätigkeit des örtlichen Historischen Vereins, ergänzt durch den großen Fundanfall bei den Ausgrabungen im Bereich des Main-Donau-Kanals in den Jahren um 1980, sowie Schenkungen prähistorischer Sammlungen an die städtische Forschungsstätte begründeten den thematischen Schwerpunkt des Museums, welcher nicht zuletzt in der Namensgebung zum Ausdruck kommt. In dem Hause verbanden und verbinden sich auf bewunderswerte Weise regionale Geschichte und europäischer Zeitgeist. Für die lebendige Darstellung der Vergangenheit zeichnete der Europarat im Jahr 1983 das Museum mit dem Europäischen Museums-Sonderpreis aus .
Exkursionteilnehmer bei der Führung durch Frau Dr. Ingrid Burger im Archäologischen Museum der Stadt Kelheim (Foto: NN - 20.9.1983 vormittags - V-20)
Gegen Abend ging es mit dem Bus weiter nach Hallein, wo wir bis zum 23.9. übernachteten.
ÖSTERREICH
Hallein (20.-23.9.)
Das Keltenmuseum in Hallein, welches am 21.9. vormittags besucht wurde, ist so bekannt, daß ich auf nähere Erläuterungen an dieser Stelle wohl verzichten kann.
Keltisches Doppelgrab Nr. 16 von Bad Dürrnberg bei Hallein rekonstruiert im Keltenmuseum (Foto: Detlef Rothe - 21.9.1983, 11:13 Uhr, BT44)
Chariot bural of a Celtic Chieftain (reconstruction of tomb 44) at Hallein (Salzburg), Austria(early 4th c. BC)
Am Nachmittag ging es mit dem Bus auf den Dürrnberg, wo Herr Dr. E. Penninger die Führung übernahm und - wenn die Notizen zutreffen - Herr K. Zeller neuere Grabungsergebnisse (Gräber) vorstellte.
Bad Dürrnberg (21.9. nachmittags)
Ohne die Funde von Dürrnberg, wo sich in keltischer Zeit ähnlich wie in Hallstatt während der Eisenzeit Salzbergbau betrieben wurde (wodurch unter anderem die Ergebnisse aus Hallstatt ergänzt werden können), ist das Keltenmuseum in Hallein - wie überhaupt die eisenzeitliche Geschichte des Salzachtals südlich von Salzburg und die Handels- und Kulturgeschichte darüber weit hinaus - kaum denkbar. Natürlich stand neben einer Besichtigung der Gräberfelder auch die anderer hervorragender Fundstätten auf dem Exkursionsprogramm (Siedlungsbereiche, Brandopferstätten).
Kurz vor dem Verlassen von Bad Dürrnberg noch ein Blick zum Moserstein (Foto: Detlef Rothe - 21.9.1983, 19:29 Uhr, BU04)
Hallstatt (22.9.)
Hallstatt - das steht für Eisenzeit, Salzbergbau und Touristik! Hallstatt ist mit seiner schönen Umgebung (einschließlich Dachstein) seit 1997 Weltkulturerbe (UNESCO World Cultural Heritage Site), doch da hatte ich die altehrwürdige Stätte längst besucht ! Der Aufenthalt in Hallstatt stellte zweifellos einen Höhepunkt der Exkursion dar, wofür - wie natürlich der regional und zeitlich sehr sachkundigen Exkursionsleiterin - Herrn Dr. Fritz Eckart Barth für die örtliche Betreuung zu danken ist.
(Wikipedia-Bilddatei)
Blick von der (mich seinerzeit an die Bergbahn der Hohensyburg erinnernde) damals neuen Standseilbahn in Hallstatt auf die ,Bodenstation' und Umgebung (Foto: Detlef Rothe - 22.9.1983, 10:59 Uhr - BU08)
Zu beiden Seiten des Talbahnhofs - es handelt sich um den Ortsteil Lahn - erstreckte sich um das zweite Jahrhundert n. Chr. eine römische Siedlung mit zugehörigen Grabanlagen.
Aufstieg zum Gräberfeld und zur Saline beim Rudolphsturm (Foto: Hermann Mesch - 22.9.1983 vormittags)
Exkursionteilnehmer mit Herrn Dr. Bartsch vor einer Schauvitrine am Gräberfeld (Foto: Detlef Rothe - 22.9.1983, 11:11 Uhr - BU10)
Rekonstruktion des Brandgrabs Nr. 260 (eines Mannes) in der Schauvitrine am Gräberfeld (Foto: Detlef Rothe - 22.9.1983, 15:41 Uhr - BU13)
Blick vom Empfangsgebäude der Saline auf das Gräberfeld und zum Rudolphsturm (Foto: Detlef Rothe - 22.9.1983, 11:32 Uhr - BU12)
Herr cand. phil. M. Rind und Frau Dr. M. Lenerz-d.W. im Schaubergwerk (Foto: Hermann Mesch - 22.9.1983).
Im Berg wurde unter anderem die erhaltene Abbaustelle im Rügerwerk mit ihren herzförmigen Schlagspuren aus der Hallstattzeit besichtigt.
Herr Dr. Barth erläutert die Fundstellen im Kreise der gebannt lauschenden Exkursionsteilnehmerschaft (Foto: Hermann Mesch - 22.9.1983 nachmittags).
Salzburg (23.9. vormittags)
Am 23. September ging es in das Museum Carolino Augusteum in Salzburg und zum Mondsee in die dortigen Museen.
Mondsee (23.9. nachmittags)
Im idyllisch gelegenen Mondsee an dem gleichnamigen Gewässer wurde das Freilichtmuseum Mondseer Rauchhaus besichtigt. Besonderes Interesse fanden dabei die Mondseer Einbäume. Zitat aus dem Kurzführer: „Der Mondsee ist der letzte See Österreichs, wo sich der Einbaum bis in unsere Tage erhalten hat."
Ein Rauchküchenhaus - sogenanntes Zuhaus - aus dem Jahr 1778 mit Mondsee-Einbaum im Freilichtmuseum (Foto: Detlef Rothe - 23.9.1983, 13:32 Uhr, BU26)
Auch das Heimatmuseum Mondsee - in Räumen des ehemaligen Klosters - stand auf dem Programm, bevor es weiter nach Wien ging.
Wien (23.-26.9.)
Wien und Umgebung, sowie andere auf einer Klassenfahrt anno 1974 besuchte Orte Niederösterreichs sah ich im September 1983 auf der Studienexkursion nach nicht einmal einem Dutzend Jahren wieder, so daß ich meine Kenntnisse über diese bezaubernde Weltstadt erweitern und vertiefen konnte; dafür bin ich dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität (seinerzeit am Domplatz in der ,Provinzhauptstadt' Münster) bis heute sehr dankbar!
Am 24. September stand eine Stadtrundfahrt an, wobei ich am Mittag in Schönbrunn das Schloß und seine reizenden Gartenanlage in Augenschein nahm:
Schloß Schönbrunn - Blick vom Palais aus in den Schloßgarten zur Gloriette (Foto: Detlef Rothe - 24.9.1983, 12:08 Uhr - BU28)
Petronell (24.9. nachmittags)
Petronell ist durch seinen ,Spaziergarten' und sonstigen römischen Denkmäler - wie zum Beispiel das ,Heidentor' - berühmt geworden
(Römerstadt Carnuntum). Das Areal des Archäologischen Parks beherbergt freigelegte Ruinen von Carnuntum, einer römischen Garnisonsstadt (Legionslager!). Damit erinnert das Gelände an den Archäologischen Park und seine Umgebung in Xanten am Niederrhein. Vorbild sind natürlich die schon früh ausgegrabenen römischen Stadt- und sonstigen Ruinen am Vesuv bei Neapel.
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Verfasser beim Photographieren in der Arena von Carnuntum (Foto: NN - 24.9.1983 nachmittags)
Reste einer Therme mit Hypokaustanlage (Fußbodenheizung) im Spaziergarten-Bereich von Carnuntum (Foto: Detlef Rothe - 24.9.1983, 16:39 Uhr - BU31)
Das ,Heidentor' (ein Grabmal) bei Carnuntum (Foto: Detlef Rothe - 24.9.1983, 18:16 Uhr - BU35)
Stillfried (25.9.)
Am 25. September ging es in das Bergland nördlich der Donau, wo wir gegen Mittag das Museum in Stillfried besuchten.
Gut erhaltener, anscheinend mehrfach trepanierter Schädel einer Frau (Foto: Detlef Rothe - 25.9.1983, 12:00 Uhr, BU38)
Nachgebaute frühgeschichtliche Gebäude in Asparn (Foto: Detlef Rothe - 25.9.1983, 15:13 Uhr, BV03)
Wien (26.9. vormittags)
Wien beschäftigte uns am 26. September erneut, und zwar ging es vormittags in das Naturhistorische Museum Wien (unter anderem bedeutende Funde aus der Eisenzeit!).
Ritzung eines vierrädrigen Wagens aus der Hallstattzeit auf einem Tongefäß aus Sopron (Foto: Detlef Rothe - 26.9.1983, 10:30 Uhr - BV11)
Das Fuhrwerk wird von zwei Vierbeinern gezogen, welche vom Wagen aus angetrieben werden; gesteuert wird es aber durch einen Lenker (und Bremser?) hinter dem Gefährt. Eines nur von vielen archäologisch interessanten Objekten im Naturhistorischen Museum zu Wien!
Eisenstadt (26.9. nachmittags)
Am Nachmittag ging es dann ins Burgenland, wo die Exkursionsteilnehmer das diesbezügliche Landesmuseum in Eisenstadt besuchte.
Ein offenbar religiös motiviertes bemaltes Tongefäß mit drei Tüllen in Form von Stierköpfen aus der Hallstattzeit, gefunden in Donnerskirchen (Foto: Detlef Rothe - 26.9.1983, 15:21 Uhr - BV11)
Siegendorf (26.9. nachmittags)
Später sah man sich im Schuschenwald bei Siegendorf die museal aufbereitete Rekonstruktion eines Grabhügels an und diskutierte über die Art der Präsentation dieser prähistorischen Grabstätte.
Ein zu etwa drei Vierteln wiederhergestellter Grabhügel mit Darstellung der Funde an einer Wand (Foto: Detlef Rothe - 26.9.1983, 17:32 Uhr - BV15)
Linz (27.-29.9.)
Für den 27. September war die „Weiterfahrt nach Linz über Krems, Göttweig, Willendorf [der Fundort der danach benannten ,Venus'] und das Stift Melk" geplant. Am folgenden Tag besuchten die Exkursionsteilnehmer in der Landeshauptstadt Oberösterreichs Linz unter anderem das Museum des Bundesstaates (Stadtmuseum Nordico). Als weitere Ziele galten Kürnberg und „Ringwälle in der Stadt".
Am 29.9. stand die „Fahrt nach Regensburg über Straubing (Gäubodenmuseum)" an.
DEUTSCHLAND
Regensburg (29/30.9.)
Auf der Rückreise wurde nach einem Museumsbesuch zu Straubing in Regensburg (Oberpfalz) Station gemacht. Man sah allseits zufriedene Gesichter über die bis dahin überaus gelungene Studienexkursion!
Cand. phil. J. Kluge und Dr. M. Lenerz-d.W. an einer Anlegestelle am Rande der Altstadt (Foto: Hermann Mesch - 29.9.1983 abends)
Mit den Umständen der Übernachtung war ich nicht ganz so zufrieden, denn in der Jugendherberge gab es eine Pendeltür, welche bei Benutzung nachts die in der Nähe Schlafenden aufschrecken ließ. Kuriose Erfindung! Bei dem folgenden Text handelt es sich um den Auszug aus Tagebuch-Aufzeichnungen vom 14. Juni 1984 anläßlich einer Rückkehr nach Regensburg:
„[...] die Jugendherberge [in Regensburg] kam für mich nicht infrage, da ich diese noch von der Österreich-Exkursion [her] zur Genüge kannte und haßte [...]."
Letzter Punkt des Reiseprogramms war die „Heimfahrt nach Münster über Rothenburg ob der Tauber".
FOLGERUNGEN
Die wohlorganisierte Studienreise kann als Höhepunkt meines eigentlichen Studiums angesehen werden, während dessen ich auch an vielen anderen interessanten Exkursionen (unter anderem seitens des Historischen und des Volkskundlichen Seminars) teilnehmen konnte. Unmittelbare Folgen im Hinblick auf meinen weiteren beruflichen Werdegang hat die Österreich-Exkursion - wie auch die anderen - zu meinem Leidwesen jedoch nicht gahabt. In Münster beschäftigte ich mich immerhin seit 1982/1983 vorzugsweise im Nebenfach Volkskunde (Europäische Ethnologie) mit dem niederbayerisch-österreichischen Kulturkreis. Archäologisch gesehen interessierten mich vor allem kulturelle Parallelen, wie aus einem Brief, geschrieben am 16. Juni 1984, hervorgeht:
„In Regensburg konnte ich einen ersten Kontakt mit einem österreichischen Archäologen anknüpfen, der mich vielleicht durch Material [= mit Hilfe von Forschungsunterlagen für die Promotion] unterstützen wird."
Zu einer weiteren Zusammenarbeit kam es jedoch nicht mehr, weil sich mein Studium zunehmend schwieriger gestaltete.
SALZ - REICH: ein sehr empfehlenswertes Buch, welches die Bedeutung von Hallstatt als archäologisch einmalige Landschaft in seiner Vielfalt und Vorzüglichkeit klar herausstellt und weitreichende Einblicke in die Forschung und auch in die Geschichte derselben gewährt (unter Berücksichtigung des Salzbergbaus auf dem Dürrnberg bei Hallein und anderer Stätten der Region). Wirklich sehr zu empfehlen! Beim Lesen und Studieren sollte man freilich eine Regionalkarte oder ein geographisches ,Tool' wie Google Maps dabei haben, denn die Geographie der Gegend ist für ,Außenstehende' mitunter nur schwer zu ,verfolgen'.
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