„Die Welt ist heute viel zu klein und das Risiko menschlicher Unvernunft zu groß, um weiterhin diese alten Spiele vom auserwählten Volk zu treiben (sei es das Jehovas, Allahs, Wotans, Manus oder des Teufels), mit denen in den Tagen, als die Schlange noch sprechen konnte, halbwilde Stämme sich gegen ihre Feinde den Rücken stärkten."
Joseph Campbell, Mythologie der Urvölker. Die Masken Gottes, Band 1, Basel 1991, S. 25, Abs. 1 - ISBN 3-85914-001-9
Zwischen der annähernd von Nordosten nach Südwesten durch das Tal der Ennepe gehenden Buscheystraße und der hangabwärts parallel verlaufenden Lange Straße liegt nahe am Hang des Buscheys - in unmittelbarer Nachbarschaft von Grünstraße, Bergischem Ring und Feuerwache - der Hagener Buscheyfriedhof. Dieser wurde am Ostermontag des Jahres 1810 eröffnet und feierte daher im April 2010 das zweihundertjährige Jubiläum.
Auf Veranlassung der (seinerzeit maßgeblichen!) französischen Behörden wurden die Kirchhöfe in Hagen zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus hygienischen Gründen als Bestattungsplätze geschlossen. Neue Friedhöfe sollten nur noch außerhalb der Stadt angelegt werden. Die evangelische, katholische und reformierte Kirchengemeinde schlossen sich zusammen und gründeten eine Friedhofskommission, welche auf dem Buschey einen nahezu quadratischen "Totenacker" einrichtete, welcher angesichts der zunehmenden Bevölkerung und der daraus resultierenden vermehrten Sterbefälle stark erweitert werden mußte und heute etwa 25.000 Quadratmeter umfaßt. Er stellt ein frühes, vorbildliches Beispiel für die Ökumene dar. Auch das darf nunmehr gefeiert werden! Der Rembergfriedhof - auf der gegenüberliegenden Talseite der Volme - entstand erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Auf der Gemeindekarte von Wehringhausen - deren Ursprung wohl im 1820er Jahrzehnt liegt, welche aber Nachträge bis um 1870 enthält (Eisenbahnlinien) - ist der Buscheyfriedhof in seiner annähernd quadratischen Ursprungsform mit den Hauptwegen dargestellt:
Auf dem hier wiedergegebenen Planausschnitt sieht man mittig links die Weidestraße, in der unteren linken Ecke aufeinanderfolgend die Pelmke- und Bachstraße. Das große quer verlaufende weiße Band stellt die Wehringhauser Straße mit anschließender Fabrikhofstraße dar (es handelt sich wie bei der Fortsetzung Am Hauptbahnhof um die frühere Kölner Straße, welche im Allgemeinen der heutigen Bundesstraße 7 entspricht). Die mittig von links unten nach rechts oben (Südwesten nach Nordosten) verlaufende Linie stellt die noch nicht begradigte Lange Straße dar. Die „Ennepethal-Bahn" (richtig: Volmetalbahn) von anno 1870 verlief am Fuße des Buscheys (dessen Hang möglicherweise zur besseren Verkehrsführung begradigt wurde) - aus heutiger Sicht hinter der Sporthalle am Bergischen Ring, vor dem Kindergarten an der Konkordiastraße, Jugendzentrum Kultopia, den Schulgebäuden und dem Hedwigsheim. Auch der Fußweg (früher wohl ein Karrenweg) in das Stadtzentrum ist bereits dargestellt, doch geht dieser heute nicht mehr von der Nordostfront des Bestattungsplatzes, sondern versetzt von der Grünstraße aus durch eine Unterführung, bevor er in Richtung Fichte-Gymnasium einschwenkt. Die Grünstraße selbst ist auf der Karte nur im Abschnitt zwischen Buscheystraße und Dömbergstraße vertreten.
Zum Vergleich zeige ich einen Ausschnitt aus einem Übersichtsplan von etwa 1920 (Hammerschmidt-"Cityplan"):
Eine Stadtansicht aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - von Nordosten, und zwar vom Weinberg, aus aufgenommen (die von Südosten nach Nordwesten fließende Volme befindet sich am unteren Bildrand) - zeigt den Buschey unterhalb der stark überhöht dargestellten Bergkette Goldberg/Egge/Hesterhardt:
Neben den hangabwärts gen Ennepe (also im Bild rechts, etwa gen Nordwesten) gelegenen Büschen fallen links davon eine Ummauerung und bereits hoch gewachsene Bäume in derselben auf. Hierbei handelt es sich offensichtlich um den im April 1810 eingeweihten Buscheyfriedhof an der Grünstraße, wobei das hohe Tor an der Nordostseite - offenbar mit einem Treppenaufgang davor - in der Mitte der volmetalseitigen Mauerfront besonders markant erscheint. Ein hell dargestellter Streifen führt von der unteren Ecke dieser Mauerfront schräg hangabwärts nordwärts in das Volmetal, wobei es sich wahrscheinlich um einen oberhalb der heutigen Einmündung der Lange Straße (also bei der Feuerwache) in Richtung des heutigen Hauptbahnhofs führenden Weg handelt - der Verlauf entspricht ganz grob gesehen etwa der früheren Wilhelmstraße bzw. dem heutigen Bergischen Ring (auf der Gemeindekarte von ca. 1825 nicht deutlich erkennbar!). Das Gelände wurde später durch den Bau der Volmetalbahn stark verändert - man vergleiche dazu die Photographie von etwa 1875 unten! Körnerstraße und Elberfelderstraße sind auf der Abbildung wohl von etwa 1825 übrigens nur schwach angedeutet; beide Hauptverkehrswege verliefen seinerzeit dem Anschein nach ohne begleitende Allee-Bäume durch weitgehend freies Feld:
Das Tal der Ennepe hinter dem Ausläufer des Buscheys ist auffallend schluchtartig dargestellt und erinnert so mit dem stark erhöht dargestellten Goldberg an das ursprüngliche Düsseltal bei Mettmann (gemeint ist das sogenannte ,Neanderthal' mit dem kurvigen Laubach-Wasserfall); vielleicht wurde das Blatt nach einer Anfangsskizze zweitverwendet, was die erhöhte Darstellung der Bergkette und die starke, an einen Wasserfall erinnernde Ausprägung des Weges erklären könnte. Erwähnenswert ist noch, daß an der nordwestlichen (hier: rechten) Talseite der Ennepe offenbar der früher berühmte Enneperhof abgebildet ist, welcher um 1870 beseitigt wurde, da er im Bereich der Eisenbahnstrecke am Kuhlerkamp-Hang westlich der Kuhle- bzw. Weidestraße lag.
Offenbar befand sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch kein Eingang des Buscheyfriedhofs an der Grünstraße, wo ja heute der Hauptzugang liegt. Man vergleiche dazu die Ansicht vom oberen Teil der Grünstraße über die Kreuzung mit der Buscheystraße nordwestwärts in Richtung Buscheyfriedhof auf einer im Jahr 1900 gebrauchten Mehrbildpostkarte von Emil Zimmermann in Herdecke (rechts das Restaurant des Bäckermeisters Alb. Engelhardt, Buscheystraße 28):
Man beachte die baulichen Veränderungen und Beschriftungen auf einer im Jahr 1909 gebrauchten Ansichtskarte:
Dazu gehört ein zeitnahes Bild (Mai 2016):
Die Grünstraße verbindet den Friedhof mit dem Hagener Stadtgarten, welcher seinerseits über die Stadtgartenallee einen bequemen Zugang zum Hagener Stadtwald (Goldberg) ermöglicht. Der Stadtgarten selbst wurde erst im Jahr 1884 ins Leben gerufen.
Nur angedeutet ist der Buscheyfriedhof ganz links auf der Wehringhausen-Lithographie von Eduard Schulte aus dem Jahr 1848 (oder etwas später entstanden), welche die Perspektive vom Kuhlerkamp aus gen Süd(ost)en zeigt:
Auffällig sind vier hohe Bäume etwa im Bereich der Kreuzungen der Buscheystraße mit der Grünstraße und Christian-Rohlfs-Straße; von diesen tritt ein Exemplar noch auf einem Foto der Zeit um 1875 hervor, und es hat den Anschein, daß sie auch in der ovalen Stadtdarstellung von etwa 1825 vertreten sind, und zwar im Bereich zwischen dem ummauerten Komplex und dem Buschwäldchen rechts davon.
Auf einer frühen Photographie des Stadtzentrums von etwa 1875, welche vom Kratzkopf aufgenommen wurde und auf welcher die Volmetalbahn bereits eine Darstellung findet, ist der Buscheyhang ziemlich gerade verlaufend und steil abgebildet, was wohl auf den Eisenbahnbau zurückzuführen sein wird. Die Mauer an dem noch nicht vergrößerten Friedhof ist an der Südostseite erkennbar; die hohe Haube des romanischen Ursprungsturmes der Johanniskirche verdeckt diese Einfriedung teilweise. An der Südecke des Bestattungsplatzes sieht man ein zweigeschossiges Haus, welches vor der Friedhofserweiterung abgerissen werden mußte. Es ist auf der gezeigten Gemeindekarte im Grundriß dargestellt (das S von WEHRINGHAUSEN oben berührend). Weiter östlich (hier: links) als nach der Gemeindekarte von (ca.) 1825 anzunehmen, führt ein heller Weg hangabwärts zur Innenstadt, und zwar weit von der Umfassung des Friedhofs entfernt. Gleich daneben sind zwei hell abgesetzte Mauerfronten sichtbar. Bei dem linken Mauerstück handelt es sich anscheinend um den Fundament-/Erdgeschoßbereichs einer Hausbaustelle (Elfriedenhöhe?), während die rechte - näher und höher an der Straße liegende - Mauerfront eher von einer Umfriedung zeugt, deren Fortsetzung nach links eventuell durch Bäume und Sträucher verdeckt ist. Bei dem eingefaßten Grundstück handelt es sich anscheinend um das Gelände des späteren Allgemeinen Krankenhauses.
Wie seine Umgebung hat auch der Buscheyfriedhof im Zweiten Weltkrieg unter Bombardements gelitten, wie ein annähernd genordetes Luftbild vom Buschey-Viertel - aufgenommen unmittelbar nach dem letzten allierten Großangriff auf Hagen - verdeutlicht:
Heutzutage befindet sich vor der Stadtseite des Friedhofs der Bergische Ring, unter dem die Kriegsruine auf der gegenüberliegenden Seite der früheren Wilhelmstraße verschwand (sie schlösse sich unmittelbar an Fußgängerunterführung und Parkhaus an):
Noch immer befinden sich auf dem Friedhof zahlreiche altehrwürdige Grabdenkmale mit zum Teil beträchtlichen lokalhistorischen und kunsthistorischen Wert. Diesbezüglich hat sich durch Bild, Text und Wort in jüngerer Zeit die Kunsthistorikerin Dr. Elisabeth May verdient gemacht. Zur 200-Jahr-Feier hat sie eine Broschüre verfaßt, auf welche hier verwiesen werden kann, zumal sie ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie einen Plan mit Angabe der bedeutendsten Grabdenkmäler enthält.
Aus Anlaß einer Führung vom 17. April 2010 (15:30 bis 17:15 Uhr) durch die genannte Kunsthistorikerin - bei herrlichem Frühlingswetter und geradezu eifrigem Vogelgesang! - sollen hier einige Schnappschüsse der eindrucksvollen Parkanlage wiedergegeben werden. Für die schöne und informative Führung - deren Verlauf Sie an Hand der Fotos verfolgen können - herzlichen Dank!
Aufmerksame Zuhörer lauschen an der Familiengrablege von Eduard Elbers den Ausführungen der Kunsthistorikerin.
Das chorartige Halbrund der Familiengrablege von Eduard Elbers.
Die Aussegnungshalle aus dem Jahr 2003 (links) nahe dem Eingang an der Grünstraße (rechts).
Die beeindruckende Gruftanlage der Gebrüder Carl Johann, Christian und August Wilhelm Elbers mit Gattinnen nahe der Lange Straße.
Die Ruhestätte der Familie Wilhelm Elbers - linker Flügel der Gruftanlage der Gebrüder Elbers.
Der verbreiterte Teil des Friedhofs - in Richtung Buscheystraße gesehen.
Ein Teil des Friedhofs in Richtung Grünstraße.
Die Aussegnungshalle von hinten.
Die Feuerwache vom Friedhof aus gesehen.
Die Familiengrablege der Familie Post zu Wehringhausen und das Mausoleum der Familien Voswinkel und Dahlenkamp.
Das Kriegerdenkmal von 1874.
Grabmal der Familie Alexander Post mit Bronzerelief (um 1910).
Das Bronzerelief en detail.
Bronzestatue eines Stahlarbeiters an der Ruhestätte der Fabrikantenfamilie Pouplier.
Interessiert zuhörendes Publikum gegen Ende der Führung am Grab der Marianne Löbbecke von 1810.
Nachdenkliche und strahlende Gesichter.
Auf dem Heimweg: Blick über die Grünstraße zum Goldberg.
Im Juli 2010 nahm ich am Eingang noch einen Film auf, welches das schöne Gelände mit der Aussegnungshalle bei herrlichem Wetter wiedergibt und bei YouTube zu finden ist:
Nachtrag
Im Februar 2006 und August 2011 wurden meine lieben Eltern auf dem Buschey-Friedhof bestattet. Es handelt sich um ein Urnengrab in der Nähe der Aussegnungshalle:
Ergänzung vom 3. Februar 2019: Google hat alle Informationen privater User bei ,Google Plus' gelöscht, so daß meine Foto-Galerie nicht mehr funktioniert. Dafür habe ich bei Facebookeinige aktuelle Fotos von Gräbern zusammengestellt.
Dazu kommt eine neue Fotoserie vom 21. September 2019:
LITERATUR:
Werner Gerber, Der Buscheyfriedhof - ein einzigartiges Kapitel Hagener Stadtgeschichte, in: Hagener Heimatbund e.V. (Hg.), Wehringhausen. Landschaft - Geschichte - Menschen, Hagen 1979, S. 48 - 54.
Elisabeth May, Der Buschey-Friedhof - Gegen das Vergessen. Eine kulturgeschichtliche Betrachtung, Hagen 2010 (April) - ISBN 13978-3-932070-91-4
DEN ENGAGIERTEN MITARBEITERN DES STADTARCHIVS HAGEN DANKE ICH FÜR DIE BEREITSTELLUNG SELTENER FOTOS BEI FACEBOOK, WELCHE AUCH MEINE ARBEIT IN VIELEM FÖRDERN!
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